Frankreich hat am Freitag Abschied vom früheren Pariser Erzbischof Jean-Marie Lustiger genommen. Sein Cousin Arno Lustiger verlas bei der Trauerfeier in der Kathedrale Notre-Dame ein jüdisches Gebet.

PARIS. Frankreich hat am Freitag Abschied vom früheren Pariser Erzbischof Jean-Marie Lustiger genommen. Sein Cousin Arno Lustiger verlas bei der Trauerfeier in der Kathedrale Notre-Dame ein jüdisches Gebet - der am Sonntag im Alter von 80 Jahren gestorbene Kardinal stammte aus einer jüdischen Familie und konvertierte als Kind zum Katholizismus. Unter den Trauergästen war auch Staatspräsident Nicolas Sarkozy, der eigens seinen Urlaub in den USA unterbrach.

Lustiger, der sich Zeit seines Lebens für den Dialog zwischen Christen und Juden einsetzte, habe sich gewünscht, dass vor dem christlichen Trauergottesdienst das jüdische Kaddisch-Gebet zum Totengedenken gesprochen werde, sagte sein Nachfolger an der Spitze des Erzbistum, Andre Vingt-Trois. Der 83 Jahre alte Arno Lustiger, deutscher Historiker und Auschwitz-Überlebender, verlas das Gebet. Der Sarg des Kardinals wurde anschließend in die Pariser Kathedrale getragen, wo Lustiger in einer Krypta beigesetzt wurde.

Neben Sarkozy nahmen auch der französische Regierungschef François Fillon, mehrere Minister und etwa 20 Kardinäle aus aller Welt an dem Gottesdienst teil. Zahlreiche Trauernde verfolgten die Zeremonie vor der Kirche auf einer Großleinwand.

Lustigers aus Polen nach Frankreich eingewanderte Mutter wurde von den Nationalsozialisten nach Auschwitz deportiert und kam dort ums Leben. Er überlebte die NS-Zeit, weil er von einer katholischen Familie in Orleans aufgenommen wurde. 1940 konvertierte Lustiger, 1954 wurde er zum Priester geweiht.