Bremen/Hamburg. Für heute und morgen hat Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier seine EU-Kollegen zu einem informellen Gipfel nach Bremen eingeladen. Das Abendblatt sprach mit der griechischen Amtsinhaberin Dora Bakoyannis.

ABENDBLATT: Wie ist das deutsch-griechische Verhältnis?

DORA BAKOYANNIS: Die bilateralen Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern sind ausgezeichnet. Griechenland und Deutschland sind zuverlässige und engagierte Partner der internationalen Gemeinschaft. Ebenfalls verbinden uns exzellente wirtschaftliche und Handelsbeziehungen. Deutschland ist Griechenlands wichtigster Handelspartner. Und wir haben wichtige kulturelle Verbindungen. In Deutschland leben mehr als 380 000 Griechen. Ich persönlich bin begeistert, dass unsere Länder enge Partner sind. Ich bin auf eine deutsche Schule gegangen und auf eine deutsche Universität. Deutschland nimmt einen sehr wichtigen Platz in meinem Herzen ein.

ABENDBLATT: Welche EU-Themen sind während der deutschen Ratspräsidentschaft für Griechenland am wichtigsten?

BAKOYANNIS: Deutschland, Portugal und Slowenien haben - in enger Zusammenarbeit mit der EU-Kommission - ein 18-monatiges Programm für die drei aufeinanderfolgenden Präsidentschaften entworfen. Selbstverständlich sind die EU-Reform und der Verfassungsprozess die wichtigsten Punkte der Präsidentschaften, vielleicht die größte Herausforderung auf der Agenda. Natürlich sind auch die Umsetzung der Lissabon-Strategie, der Klimawandel und die Energiepolitik wichtige Themen. Aber die EU-Reform und der Verfassungsprozess sind am dringendsten. Wir haben nicht mehr den Luxus der Zeit.

ABENDBLATT: Welche Haltung hat Athen zum Fortgang des EU-Verfassungsprozesses?

BAKOYANNIS: In Anbetracht der inneren und äußeren Herausforderungen, die der EU bevorstehen, brauchen wir mehr und nicht weniger Europa. Die EU muss das Vertrauen der Bevölkerung zurückgewinnen. Obwohl die abgelehnten Verfassungsreferenden der Franzosen und Niederländer berücksichtigt werden sollten, dürfen wir nicht vergessen, dass 18 von 27 EU-Mitgliedsstaaten den Vertrag ratifiziert haben, auch Griechenland. Also befürworten zwei Drittel der EU-Länder den Vertrag.

Wir werden alles tun, um der deutschen und den folgenden Präsidentschaften zu helfen, das europäische Projekt voranzutreiben, so effektiv und so europäisch wie möglich.

ABENDBLATT: Wie laufen die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aus griechischer Sicht?

BAKOYANNIS: Es war für viele eine Überraschung, dass Griechenland die Bewerbung der Türkei um Anschluss an die EU unterstützt. Wir verfolgen die Idee einer europäischen Nachbarschaft. Diese Strategie trifft auf ganz Süd-Ost-Europa zu, inklusive der Türkei. Wir glauben dass dies Frieden, Sicherheit, Stabilität und Prosperität erzeugen wird.

Allerdings bedeutet Unterstützung der Türkei nicht das Verschaffen bedingungslosen Beistands. Das Land muss sich vollständig nach den vertraglichen Verpflichtungen richten, die im Verhandlungsrahmen festgelegt wurden. Wenn die Türkei die notwendigen Reformen durchführt, die erforderlichen Kriterien erfüllt und die Protokolle vollständig gegenüber allen EU-Mitgliedsstaaten durchsetzt, sollte die Türkei der EU als volles Mitglied beitreten. Eine vollständige Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen muss zu voller Mitgliedschaft führen.

Wir hoffen, dass dies der Weg sein wird, den die Beziehung zwischen der EU und der Türkei nehmen wird.