ISTANBUL. Ein hoher Beamter der türkischen Polizei ist wegen schwerer Versäumnisse im Fall des Mitte Januar ermordeten Journalisten Hrant Dink seines Amtes enthoben worden. Ahmet Ilhan Güler, der Chef der Geheimdienstabteilung der Polizei in Istanbul, sei auf Empfehlung von Sonderermittlern hin gefeuert worden, erklärte das Innenministerium gestern in Ankara. Güler soll Hinweise auf einen bevorstehenden Mordanschlag auf Dink nicht ernst genommen haben.

Der Geheimdienstler ist der dritte hohe Beamte, der wegen Fehlern im Fall Dink seinen Job verliert. Zuvor waren bereits der Gouverneur und der Polizeichef der Schwarzmeerstadt Trabzon entlassen worden; Trabzon ist die Heimat der mutmaßlichen Mörder Dinks.

Kurz nach dem Mord an Dink am 19. Januar hatte sich bei den Ermittlungen gegen den geständigen Täter Ogün S. und den mutmaßlichen Anstifter Yasin H. herausgestellt, dass ein Polizeispitzel in Trabzon die Behörden mehrmals über Pläne zur Ermordung Dinks informiert hatte. Die Behörden hatten aber nicht reagiert. Das Verhalten der Polizei hat den Verdacht genährt, dass Sicherheitskräfte mit rechtsgerichteten Gewalttätern sympathisieren. Ogün S. hatte Dink erschossen, weil er ihn wegen dessen Forderung nach einer Aufarbeitung des türkischen Völkermords an den Armeniern als "Landesverräter" betrachtete.

Unterdessen ging der Prozess gegen Dink wegen "Beleidigung des Türkentums" weiter. Das Gericht war noch nicht offiziell über den Tod des Journalisten informiert worden.