Radikale Kräfte sind die Favoriten. Protestanten und Katholiken sollen eine Koalition bilden.

BELFAST. Mit der Auflösung des nordirischen Parlaments hat die britische Regierung den Weg für Neuwahlen am 7. März frei gemacht. Der britische Premierminister Tony Blair und sein irischer Amtskollege Bertie Ahern bestätigten diesen Termin gestern Abend bei ihrem Treffen in London. "Mit den Wahlen soll es vorangehen", sagte Blair. Ahern sagte, die Wahlen seien wahrscheinlich die wichtigste Entscheidung der Menschen in Nordirland. Bis zum 26. März soll in Belfast dann eine neue Regierungskoalition aus jeweils zwei Parteien der Protestanten und der Katholiken im Amt sein.

Diesen Termin hat Blair als unumstößlich deklariert. Sollte keine Einigung zustande kommen, würde Nordirland endgültig wieder von London aus verwaltet, hieß es. Die letzte Koalition zerbrach im Oktober 2002 am Streit über die Entwaffnung der Irisch-Republikanischen Armee (IRA).

Danach kam es Ende 2003 zu Neuwahlen, bei denen die jeweils radikalsten Parteien der Protestanten und der Katholiken stärkste Fraktionen wurden - die probritische Democratic Unionist Party (DUP) des Pfarrers Ian Paisley und die irisch-nationalistische Sinn Fein unter Gerry Adams. Da sich Paisley beharrlich gegen eine Zusammenarbeit mit der Sinn Fein wehrte, kam keine neue Regierung zustande. Dazu hätten auch zwei gemäßigtere Parteien der Protestanten und der Katholiken gehören sollen, die Ulster Unionist Party und die Social Democratic und Labour Party.

Das sogenannte Karfreitagsabkommen von 1998, das der britischen Unruheprovinz Frieden bringen sollte, stand damit lange Zeit vor dem Aus. Inzwischen hat die IRA ihre Waffen jedoch niedergelegt und im Jahr 2005 offiziell das Ende des bewaffneten Kampfes verkündet. Die unabhängige Überwachungskommission für den Entwaffnungsprozess (IMC) kam zu dem Schluss, dass es keine Belege für eine anhaltende Gewaltkampagne der IRA gebe. Auch könne der Untergrundorganisation kein Schmuggel zur Geldbeschaffung mehr nachgewiesen werden. Der vierköpfigen IMC gehören frühere Politiker aus Irland und Nordirland sowie Veteranen der britischen Anti-Terror-Polizei und des amerikanischen Geheimdienstes CIA an.

Gestiegen sind die Chancen für eine Einigung weiter, nachdem die Sinn Fein am vergangenen Wochenende beschlossen hat, die nordirische Polizei formell anzuerkennen. Auch Paisley bezeichnete dies als großen Fortschritt. Er betonte allerdings auch, die Sinn Fein dürfe der Polizei jetzt keine Informationen über politisch motivierte Verbrechen mehr vorenthalten und müsse junge Katholiken dazu ermutigen, in der protestantisch dominierten Polizei mitzuarbeiten.

Sinn Fein ist der politische Arm der Untergrundorganisation IRA. Deren 30-jähriger gewaltsamer Kampf kostete insgesamt 3600 Menschen das Leben.