Kellner: Österreicher werben in Norddeutschland Arbeitslose als Saisonkräfte. Wenn an der See die Hotels schließen, füllen sich die Herbergen im Gebirge. Und dann gibt es da viele Jobs.

Hamburg. Petra Dittschlag gluckst vergnügt. Denn die 44jährige Hotelfachfrau aus Travemünde wird demnächst wieder einen Job als Serviererin in einem Hotel bekommen. Eigentlich wäre sie ab 1. November arbeitslos. Für Saisonkräfte im Gastgewerbe gibt es an der Ostseeküste im Winter kein Arbeit. "Da ist alles dicht", erzählt Dittschlag. "Deshalb werde ich den Winter über nach Österreich übersiedeln. Dort suchen sie Leute mit meiner Ausbildung händeringend."

Doch nicht nur dort. Auch in Südtirol und in der Schweiz sind norddeutsche Arbeitskräfte begehrt. Deshalb organiserte die Hamburger Arbeitsagentur zusammen mit drei Kollegen aus Österreich, einem aus der Schweiz und einem aus Südtirol eine entsprechende Jobbörse. Titel: "Von der Küste auf die Piste". 150 Arbeitslose waren dazu eingeladen, 120 sind gekommen.

Die Gäste aus dem Süden waren begeistert. "Das ist die beste Jobbörse, die ich bislang mitgemacht habe", jubelt Gerhard Bogensberger vom Arbeitsmarktservice (AMS) des Landes Salzburg. Das AMS ist die österreichische Variante der Arbeitsagentur in Deutschland. "Die Qualität und Arbeitseinstellung der Bewerber aus dem Norden ist beeindruckend." Die Gastronomen in Österreich hätten sehr hohe Ansprüche an ihre Kräfte. "Die sind da sehr verwöhnt", sagt Bogensberger. "Um so glücklicher bin ich, daß wir in Hamburg so gut wie alle Teilnehmer als vermittelbar einstufen können."

Vor allem in Österreich ist der Bedarf groß. Laut AMS arbeiten allein im Bundesland Tirol 4200 Deutsche in der Wintersaison im Tourismus. Und sie werden dringend gebraucht. Denn auf Kaiserschmarren servieren, Tirolerabende und 18-Stunden-Tage haben nur noch wenige Einheimische Lust. Dittschlag freut sich dagegen auf die Aufgabe: "Das ist doch eine tolle Sache."

Laut Annette Zellmer vom Europaservice der Hamburger Arbeitsagentur ist der Trend von deutschen Arbeitslosen, auch den Schritt ins Ausland zu wagen, ungebrochen hoch. "Bis Ende des Jahres werden wir rund 600 Arbeitslose ins Ausland vermittelt haben", berichtet sie. "Nicht nur in die Gastronomie, sondern auch in andere Branchen wie dem Handwerk." Wer zu einem solchen Schritt bereit ist, hat beste Jobaussichten. Die Vermittlungsquote des Europaservice beträgt laut Zellmer 80 Prozent.

Für Jan Friede (41) ist die Jobbörse wie ein Geschenk. Der dreifache Familienvater ist seit Juni Hartz-IV-Empfänger, jobt zwischendurch als Aushilfskellner im CCH. Gelernt hat er Maurer, sich dann auf dem zweiten Bildungsweg für die Gastronomie fit gemacht. Das kommt ihm jetzt zugute. "Ich werde als Kellner in den Süden gehen, wahrscheinlich Südtirol", sagt Friede. Daß er den Schritt macht, ist für ihn wegen der Familie nicht einfach, aber doch selbstverständlich: "Die Zeiten sind hart. Da muß man sich umstellen, auch mal Flexibilität an den Tag legen. Und es nützt ja auch nix: Die Kinder haben Hunger, die Miete muß bezahlt werden." Er hofft, im Frühjahr einen festen Job im Süden zu bekommen.