Frankreich würde einspringen, wenn Berlin um Hilfe bittet.

Berlin/Hamburg. Frankreich würde seine Atomwaffen auch zum Schutz Deutschlands einsetzen und droht zugleich aggressiven Staaten unverhohlen mit einem Atomschlag. "Wenn uns Deutschland zu Hilfe rufen würde, ist es wahrscheinlich, dass die europäische Solidarität zum Tragen käme", sagte die französische Verteidigungsministerin Michèele Alliot-Marie der "Berliner Zeitung". Allerdings käme es dabei auf den Zusammenhang an. Sie fügte hinzu: "Für uns sind die Atomwaffen der ultimative Schutz gegen eine Bedrohung von außen."

Alliot-Marie, die als Vertraute von Staatspräsident Jacques Chirac gilt, verwies darauf, dass immer mehr Länder versuchten, sich in den Besitz von Nuklearwaffen zu bringen. Frankreich wolle aber auch in der Lage sein, eine Bedrohung durch biologische oder chemische Massenvernichtungswaffen abzuwehren. Deswegen sei der Schutz durch Atomwaffen unverzichtbar.

Über wie viele nukleare Sprengköpfe Frankreich verfügt, ist geheim. Einige französische Medien schätzen sie auf etwa 250 Stück, viele Waffenexperten gehen jedoch von bis zu 500 Sprengköpfen aus. Damit wäre das französische Nuklear-Arsenal nach dem amerikanischen und dem russischen das drittgrößte der Welt.

"Es geht hier um die Abschreckung gegenüber Ländern, die am Rande der Demokratie und zum Teil auch am Rande des internationalen Rechts stehen", sagte die Ministerin. "Einem solchen Land können wir sagen: Achtung, wenn ihr eure Drohung wahrmacht, werden wir euch zerstören, und zwar ohne dass ihr euch dagegen wehren könnt. Denn wir haben U-Boote und Flugzeuge, die nicht aufzuspüren sind." Frankreich hat zwar seine Silo-gestützten Interkontinentalraketen auf dem Plateau d'Albion abgerüstet, verfügt aber über vier atomgetriebene U-Boote mit je 16 Interkontinentalraketen sowie Mirage-2000N bzw. Rafale D-Bomber und Flugzeugträger-gestützte Super-Etendard-Jets, die mit Luft-Boden-Raketen bestückt sind.

Drei der U-Boote ("Le Triomphant", "Le Temeraire", "Le Vigilant") gehören bereits zur modernen, getaucht 14 300 Tonnen verdrängenden "Le Triomphant"-Klasse und sind mit M-45-Raketen ausgerüstet, die eine Reichweite von 5300 Kilometern haben. Etwa zehn Prozent des Verteidigungsetats steckt Frankreich in das nukleare Abschreckungspotenzial.

Die Welt werde durch den Terrorismus und durch ethnische Konflikte immer instabiler, warnte Alliot-Marie und forderte Deutschland auf, mehr Geld für die Verteidigung auszugeben: "Deutschland ist nicht nur eine große Wirtschaftsmacht, sondern auch ein Kernland der Europäischen Union. Es sollte in der Lage sein, bei jedem Einsatz mitzumachen, und dafür muss es mehr ausgeben als bisher."