Berlin. Blockaden oder Demonstrationszüge vor Privathäusern von Mandatsträgern darf es in einer Demokratie nicht geben. Schluss mit dem Spuk!

Wer in die Politik geht, braucht ein dickes Fell und muss auch kräftig Kritik einstecken können. Das gilt für Spitzenpolitiker und Abgeordnete, die für ihre Arbeit gut bezahlt werden, aber auch für die vielen Freiwilligen, die in der Kommunalpolitik ehrenamtlich Verantwortung übernehmen. Für alle gilt aber auch: Wenn sie das Amt annehmen, müssen sie es frei ausüben können und sind nur dem Gesetz und ihrem Gewissen verpflichtet. Jeglicher Druck, Repression, wirtschaftliche Einflussnahme oder sogar Drohungen verbieten sich.

Sechs von zehn Lokalpolitikern haben schon Aggression oder Bedrohung erlebt

Soweit die Theorie. Die Wahrheit sieht leider anders aus. Bundesminister werden immer öfter bedrängt und an ihrem Wegerecht gehindert. Kommunalpolitikerinnen und –politiker werden offen bedroht und müssen sich um ihre Sicherheit sorgen. Sechs von zehn haben schon Aggression oder Bedrohung erleben müssen, heißt es in einer Studie der Heinrich-Böll-Stiftung. Besonders schlimm: Über ein Drittel äußert sich wegen der Drohungen seltener zu heiklen politischen Themen.

Jörg Quoos, Chefredakteur der Zentralredaktion
Jörg Quoos, Chefredakteur der Zentralredaktion © ZRB | Dirk Bruniecki

Es ist ein Skandal, dass es so weit kommen konnte und höchste Zeit, maximal hart gegenzusteuern. Die Pläne der AfD in Sachsen-Anhalt, einen Demonstrationszug am Haus des Landrats im Burgenlandkreis abzuhalten, wären ein guter Anlass, Kante zu zeigen und diesen Spuk schon im Vorfeld zu beenden.

Niemand darf zulassen, dass unsere frei gewählten Mandatsträger bedroht werden. Oder dass sie Angst haben müssen, ihre Meinung zu sagen. Wer in dieser Frage nur einen Millimeter Spielraum lässt, legt Hand an die Wurzeln unserer Demokratie.