München/Berlin. Wie umgehen mit dem schwierigen Kandidaten? Donald Trump zu beschimpfen, ist nicht der klügste Weg und missachtet den US-Souverän.

München ist an diesem Wochenende das Zentrum der globalen Sicherheitspolitik. Und auf allen Podien, in allen Hinterzimmern und auf allen Partys ist der abwesende Donald Trump der Elefant im Raum. Sollte er erneut als Präsident der USA ins Weiße Haus einziehen, wird seine Politik darüber entscheiden, ob die Ukraine eine Chance gegen Russland hat, oder sich unter Gebietsverlusten einem Diktatfrieden Russlands beugen muss.

Wenn der mögliche Präsidentschaftskandidat der Republikaner von seinen Auslandsberatern derzeit gebrieft wird, hört er wenige freundliche Töne über sich. Die Warnungen vor Trump sind inflationär. In ganz Europa und speziell in Deutschland.

Der Bundespräsident hält ihn für „verantwortungslos“, dasselbe Wort gebrauchte, wie abgesprochen, der Bundeskanzler. Deutschland werde zu „Freiwild“ erklärt, urteilte Norbert Röttgen. Auch aus dem Lager von Grünen und FDP klang es nicht anders.

Lesen Sie auch: Betrugsprozess: Trump muss 350 Millionen Dollar zahlen

Trump empört – aber muss man wirklich über jedes seiner Stöckchen springen?

Die Empörung über Trumps Äußerungen zur Nato ist verständlich und viele harte Analysen sind sicher zutreffend. Die entscheidende Frage aber lautet: Sind sie in irgendeiner Form hilfreich in der Sache? Ist es politisch klug, wenn man vom Bundespräsidenten bis zum Hinterbänkler über Trumps Stöckchen springt und rhetorisch auf den Baum steigt, angesichts eines möglichen Wahlsiegs von Donald Trump?

Fakt ist: Kein Wähler in den USA wird die Warnungen aus der deutschen Politik ernst nehmen. Die 340 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner werden sie nicht einmal zur Kenntnis nehmen.

Der Zornausbruch gegen Trump mag innenpolitisch opportun sein und ausnahmsweise viel Beifall bringen. Er überdeckt auch manches Politikversagen aus einer Zeit, in der man mehr an Exportquoten als an die nationale Sicherheit gedacht hat. Doch die Welle der Kritik bleibt komplett wirkungslos. Es liegt alleine an den Amerikanern, Trump zu verhindern und die europäische Politik ist gut beraten, wenn sie den Souverän auf der anderen Seite des Atlantiks respektiert und nicht zum Deppen erklärt. Niemand in dem riesigen Land zwischen Maine und Kalifornien, will sich vorschreiben lassen, welchem Wahlmann er am 5. November seine Stimme gibt.

Partner: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Kamala Harris, Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika, kommen bei der Münchner Sicherheitskonferenz zu Gesprächen zusammen.
Partner: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Kamala Harris, Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika, kommen bei der Münchner Sicherheitskonferenz zu Gesprächen zusammen. © dpa | Sven Hoppe

Auch interessant: Trump krempelt Partei um – neue Rolle für Schwiegertochter

Empörung macht Trump und sein Team noch sturer

Es wäre sicher klüger, schon heute auch das Gespräch mit Trump und seinen engsten Beratern zu suchen. Egal wie anstrengend das sein mag und wie viel persönliche Überwindung das kostet. Trump ist eitel und empfänglich für wichtige Menschen, die ihn ernst nehmen. Es ist sicherlich wirkungsvoller, Konsequenzen und Bedenken persönlich vorzutragen. Ein Überbietungswettbewerb der öffentlichen Empörung wird Trump und sein Kampagnenteam nur noch sturer machen.

Trump hat übrigens kein Wort davon gesprochen, dass er die US-Bomben aus Europa abzieht. Man sollte es besser nicht herbeireden. Und wer glaubt, dass sich die europäischen Nationen in einem überschaubaren Zeitraum auf die Anschaffung von Nuklearwaffen und gemeinsame Einsatzregeln verständigen, der lebt auf einem anderem Stern.

Trump ist nicht die USA. Daher ist es das falsche Signal, das Vertrauen in den treuesten Partner jetzt schon zu verlieren und das bei jeder Gelegenheit öffentlich zu bekunden.

Die Berlinerinnen und Berliner in der von den Sowjets eingeschlossenen Stadt haben erlebt, zu welchen Opfern und zu welcher historischen Unterstützung diese Nation fähig ist. Es wäre respektlos und falsch, sie jetzt schon als Freund und Partner abzuschreiben.