Die parlamentarische Aufklärung rund um die rechtsextreme Terrorzelle NSU geht nach der Sommerpause weiter. Bald müssen die früheren Innenminister Schäuble und Schily im Untersuchungsausschuss antreten.

Berlin. Die Ex-Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) und Wolfgang Schäuble (CDU) werden wohl schon in wenigen Wochen im NSU-Untersuchungsausschuss aussagen müssen. Der Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy (SPD) sagte der Deutschen Presse-Agentur, er gehe davon aus, dass die beiden ehemaligen Ressortchefs bereits für Oktober zur Anhörung geladen werden.

Der jetzige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sei dagegen kein naheliegender Zeuge, weil sich die wesentlichen Ereignisse vor seiner Amtszeit abgespielt hätten, sagte Edathy. „Der Ausschuss ist keine Showveranstaltung.“ Die Auswahl der Zeugen richte sich nach inhaltlichen Überlegungen – „und nicht danach, was die größte Aufmerksamkeit erregt“.

Der Untersuchungsausschuss des Bundestages befasst sich seit Januar mit den Verbrechen der rechtsextremen Terrorzelle NSU, bei deren Aufklärung es diverse Fehler und Pannen gab. Mindestens zehn Morde sollen auf das Konto des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ gehen. Am Dienstag kommt das Gremium zu seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause zusammen. Es wird vor allem um den Mord an einem türkischen Internetcafébesitzer 2006 in Kassel gehen.

Vor dem Auftakt beschwerte sich die Linke-Obfrau Petra Pau über erschwerte Arbeitsbedingungen in dem Gremium. „Die meisten Akten werden erst unmittelbar vor den Ausschusssitzungen geliefert, manchmal auch danach, auf jeden Fall zu spät“, sagte Pau der Nachrichtenagentur dpa. „Unsere Arbeit wird dadurch behindert.“

Immer mehr Akten würden außerdem als streng geheim ausgewiesen. „Das riecht nach dem Versuch, aus einem öffentlichen Ausschuss einen verschwiegenen Geheimbund zu machen“, kritisierte Pau. „Mit Aufklärung hat das nichts zu tun.“ Unions-Obmann Clemens Binninger (CDU) sagte ebenfalls, zum Teil kämen die Unterlagen sehr kurzfristig an. Für die Länder sei es allerdings auch schwierig, die vielen Akten zusammenzustellen.

Der Ausschuss muss seine Arbeit bis zum Ende der Legislaturperiode erledigt haben. Edathy sagte, der Abschlussbericht müsse bis zur parlamentarischen Sommerpause 2013 fertig sein. Die Befragung der Zeugen könne deshalb nur bis spätestens April laufen. Es seien wohl noch etliche Sondersitzungen nötig. In Thüringen tagte am Montag der Untersuchungsausschuss des Landtages. Die Abgeordneten vernahmen erneut den ehemaligen Thüringer Verfassungsschutzpräsident Helmut Roewer. In seine Amtszeit (1994 bis 2000) fällt das Untertauchen der Neonazi-Gruppe 1998.

Roewer sagte, seine Behörde habe über das Ende der 1990er Jahre hinaus keine Dienstvorschriften zur Führung von V-Leuten gehabt. Das Amt war mehrfach dafür kritisiert worden, dass es hochrangige Mitglieder der Neonazi-Szene als Informanten abgeschöpft hatte und dies gegen normale Regelungen für den Verfassungsschutz verstoße. Zudem wurde bekannt, dass in Thüringens Verfassungsschutz wohl spätestens 2003 die Berichte eines wichtigen V-Manns aus der rechten Szene verschwunden sind.

Der frühere Thüringer Innenminister Richard Dewes (SPD) hat die derweil Kontrolle des Landesamtes für Verfassungsschutz während seiner Amtszeit verteidigt. „Es hat eine sehr enge Fachaufsicht über Polizei und Verfassungsschutz gegeben“, sagte er am Dienstag in Erfurt vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des Landtages.

Vorwürfe, der ehemalige Präsident des Verfassungsschutzes, Helmut Roewer, sei in den 1990er Jahre seine eigene Fachaufsicht gewesen, wies er zurück. „Es mag ja aus heutiger Sicht so empfunden worden sein, objektiv ist das nicht zu untersetzen.“ Zudem hätten die Leiter wichtiger Sicherheitsbehörden unter seiner Führung immer einen direkten Zugang zum Minister gehabt. Andere Zeugen hatten dies als Umgehung der Fachaufsicht interpretiert. Dewes war von 1994 bis 1999 Thüringer Innenminister. Er wird bereits zum zweiten Mal vom NSU-Untersuchungsausschuss befragt.

(dpa)