Berlin. Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer hält die Witwenrente in ihrer aktuellen Form für unsinnig – und würde sie am liebsten abschaffen.
Wenn ein Ehepartner verstirbt, soll der verbleibende Partner durch Anteile an der Rente des Verstorbenen finanziell zumindest ein wenig abgesichert sein. Das ist die grundsätzliche Idee der Witwenrente. Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer hält das Modell allerdings für stark reformbedürftig. "Die jetzige Regelung reduziert die Anreize, eine eigene Beschäftigung aufzunehmen", sagte die 61-Jährige dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". "Außerdem tragen so alleinstehende Beitragszahlende zur Finanzierung von Rentenansprüchen für nicht erwerbstätige Partner bei, die selbst nicht ins System einzahlen."
Schnitzer ist Vorsitzende des Sachverständigenrates, der die Bundesregierung in Wirtschaftsfragen berät. Ihre Haltung zur Witwenrente sei ihre persönliche und keine im Sachverständigenrat abgestimmte Position, sagte sie auf einer Podiumsdiskussion des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA), an der auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) teilnahm.
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Witwenrente in der Kritik: Wirtschaftsweise bringt Variante ins Spiel
Es geht laut Schnitzer nicht darum, Hinterbliebenen, die selbst nie sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren, die Witwenrente komplett zu streichen. Schnitzer wirbt stattdessen für das sogenannte Rentensplitting: Diese Möglichkeit besteht seit 2002, kommt aber nur selten zur Anwendung. Dabei werden alle Rentenansprüche, die von einem oder beiden Ehepartnern während ihrer Ehe erworben werden, zur Hälfte aufgeteilt. Stirbt ein Partner, bleiben dem anderen demnach diese Hälfte sowie die eigenen vor der Ehe erworbenen Rentenansprüche. Schnitzer würde diese Variante gern verpflichtend machen.
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Aktuell bekommt der zurückbleibende Partner mindestens 55 Prozent der Rente des verstorbenen Ehepartners, und zwar unabhängig davon, ob die Ansprüche während der Ehe erworben wurden oder nicht. Hinzu kommen Kinderzuschläge von mehr als 70 Euro für das erste und mehr als 35 Euro für jedes weitere Kind. Dem "Spiegel" sagte Schnitzer nun, dies widerspreche dem Äquivalenzprinzip, wonach sich die Auszahlungen grundsätzlich nach den selbst geleisteten Beiträgen bemäßen.
Witwenrente: Beispielrechnung zeigt Schieflage auf
Mit einem etwas vereinfachten Beispiel lässt sich die von Schnitzer skizzierte Problematik erklären:
- Ein Ehepaar geht in Rente.
- Es hat zwei Kinder.
- Der Mann hat als Alleinverdiener gearbeitet und bekommt eine monatliche Rente von 2500 Euro.
- Die Hausfrau hat keine Rentenbeiträge eingezahlt und bekommt deshalb keine eigene Rente.
- Wenn ihr Mann verstirbt, bekommt sie nach aktueller Rechtslage eine Witwenrente von 1483,05 Euro (2500 mal 0,55 = 1375 Euro + 108,05 Euro Kinderzuschläge).
Schnitzers Modell zum sogenannten Rentensplitting sieht nun vor, dass beide Ehepartner schon zu Lebzeiten nach Renteneintritt jeweils 1250 Euro bekommen würden, zumindest wenn alle Ansprüche während der Ehe erworben wurden. Auch nach dem Tod des Alleinverdieners würde die Frau ihren Anteil von 1250 Euro weiter beziehen.
Wenn der Mann die Hälfte seiner Ansprüche aber bereits vor der Ehe erworben hat, hätte er zum Renteneintritt eine monatliche Rente von 1875 Euro (die vor der Ehe erworbenen 1250 Euro plus die Hälfte der während der Ehe erworbenen 1250 Euro). Seine Frau käme auf 625 Euro im Monat. Stirbt der Mann, muss die Frau weiterhin mit dieser kleinen Summe auskommen.
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Im Klartext: Die Wirtschaftsweise will, dass die massive finanzielle Unterstützung für das Alleinverdienermodell durch alleinstehende Beitrags- und Steuerzahler wegfällt – oder dass Ehepartner, die dennoch daran festhalten, sich durch eine private Altersvorsorge besser absichern. (fmg)
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