Ärztekammerpräsident Montgomery empfiehlt Ärzten, zurzeit keine religös motivierten Bescheidungen vorzunehmen - Rechtslage zu unsicher

Berlin. Die Grünen-Politiker Renate Künast und Volker Beck fordern beim Thema Beschneidung Rechtssicherheit für die in Deutschland lebenden Juden und Muslime. "Wir möchten für eine differenzierte Betrachtung der grundrechtlichen Kollisionslage zwischen dem Schutz körperlicher Unversehrtheit der minderjährigen Jungen, dem Erziehungsrecht der Eltern und der Religionsfreiheit werben“, schrieben Künast und Beck in einem Beitrag für die "Berliner Zeitung“. Auslöser war das Urteil des Kölner Landgerichts, das die Beschneidung eines Jungen als Körperverletzung wertete, weil ein medizinisch nicht notwendiger Eingriff nicht dem Kindeswohl entspreche.

Die Bundestagsfraktionsvorsitzende und ihr Parlamentarischer Geschäftsführer schrieben, die teilweise oder vollständige Entfernung der Penisvorhaut greife in die körperliche Integrität des zu Beschneidenden ein. "Rechtswidrig wird sie jedoch nur, wenn bei minderjährigen Jungen keine Einwilligung der Eltern vorliegt oder diese gegen die guten Sitten verstößt“, argumentierten Künast und Beck. Beschneidung sei daher nicht per se eine Straftat.

Hingegen warnt der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery vor der Beschneidung und empfiehlt Medizinern, religiös begründete Beschneidungen von Jungen gegenwärtig nicht mehr vorzunehmen. "Wir raten allen Ärzten, wegen der unklaren Rechtslage den Eingriff nicht durchzuführen“, sagte Montgomery der Tageszeitung „Die Welt“.

Nach Montgomerys Ansicht ist das Urteil des Kölner Landgerichts für "Ärzte unbefriedigend und für die betroffenen Kinder sogar gefährlich“. Es bestehe nun die große Gefahr, dass dieser Eingriff von Laien vorgenommen werde. Montgomery: "Allein schon wegen der oft unzureichenden hygienischen Umstände kann das zu erheblichen Komplikationen führen.“

Sowohl bei Islamverbänden als auch bei den jüdischen Gemeinden ist das Urteil auf heftige Kritik gestoßen. Die islamischen Verbände in Deutschland haben eine gesetzliche Regelung gefordert, um die entstandene Rechtsunsicherheit zu beheben. Der Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen strebt einen Musterprozess an.