Die Kanzlerin schaltet sich verstärkt ein, damit die Energiewende vorankommt. Sie kann zwar die Stromnetze nicht selbst bauen, aber die Bundesregierung will die zahlreichen Hürden nun aus dem Weg räumen.

Berlin. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat große Probleme beim Ausbau des Stromnetzes in Deutschland eingeräumt. Gerade beim Bau der Überlandleitungen, um Windstrom vom Norden in den Süden zu bekommen, gebe es Probleme. „Hier sind wir an vielen Projekten im Rückstand“, sagte Merkel zu Pfingsten in ihrer wöchentlichen Video-Botschaft. „Da drängt die Zeit, denn wir stellen unsere Energieversorgung grundsätzlich um“, betonte sie. „Wir brauchen auch an ganz anderen Stellen Leitungen, als das früher der Fall war.“

Am Dienstag besucht Merkel die Bundesnetzagentur in Bonn, bevor einen Tag später die vier Betreiber der Stromautobahnen den Entwurf für eine Bundesnetzplanung vorstellen. Bis Ende des Jahres soll per Gesetz ein Masterplan für den bundesweiten Stromnetzausbau vorliegen. Merkel wird bei dem Besuch von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und Umweltminister Peter Altmaier (CDU) begleitet.

Rösler kündigte eine stärkere Rolle des Bundes an. Mit dem neuen Netzentwicklungsplan will der Bund Trassenprojekte mit besonderer Priorität selbst in die Hand nehmen. „400 Kilometer Stromautobahnen sollen von der Bundesnetzagentur in Eigenregie geplant werden“, sagte Rösler der „Passauer Neuen Presse. Nach Schätzungen der Deutschen Energie-Agentur sind knapp 4500 Kilometer Höchstspannungsleitungen notwendig. Hinzu kommen tausende Netzkilometer auf der Verteilebene.

Merkel sagte, sie wolle sich bei der Netzagentur informieren, wie der Stand bei den einzelnen Projekten ist und wo es hakt. Ihr gehe es darum, „was gegebenenfalls politisch getan werden kann, um die Dinge zu beschleunigen und auch die Investoren stärken zu engagieren, die notwendigen Investitionen durchzuführen.“ Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin kritisierte im „Tagesspiegel“ (Dienstag): „Seit einem Jahr herrscht auf dieser Baustelle Stillstand.“ Trittin forderte, den Netzausbau in öffentliche Verantwortung zu geben.

Der Chef der Bundesnetzagentur, Jochen Homann, sagte der „taz“: „Es geht zu langsam“. 1800 Kilometer an neuen Trassen seien 2009 geplant worden. Davon seien erst 214 gebaut und 11 Kilometer in Betrieb genommen worden. Unklar sei zudem die Finanzierung der Leitungen zwischen See-Windparks und Festland. Auch Haftungsfragen bei den Offshore-Anlagen müssten geklärt werden. „Unfälle wie die Kollision von Schiffen mit Plattformen für den Bau von Windanlagen sind heute kaum zu tragbaren Preisen versichert“, sagte Homann.

Merkel betonte, mit dem neuen Netzausbaubeschleunigungsgesetz gebe es mehr Bürgerbeteiligung. „Es geht für die Bürgerinnen und Bürger natürlich vor allen Dingen darum, dass wir persönliches Eigentum so wenig wie möglich in Beschlag nehmen“, sagte die Bundeskanzlerin. „Und deshalb werden wir eine sehr intensive, aber auch nicht zu lange Diskussionsphase haben, denn es muss bald Investitionsklarheit sein.“

Gerade für die großen Industriegebiete im Süden brauche man neue Übertragungsleitungen, um Windenergie dorthin zu bringen. „Nun könnte man ja sagen: Man kann ja auch Windkraftanlagen im Süden bauen“, so Merkel. „Das kann man, aber man muss wissen, dass der Wind einfach aus klimatischen und geografischen Gründen im Norden sehr viel besser weht und dass dadurch die Energieerzeugung auch billiger ist.“

(dpa)