Auf Provokationen durch die rechte Pro-NRW-Bewegung haben Salafisten am Wochenende erneut mit einer Explosion der Gewalt reagiert. In Bonn wiederholen sich die Ausschreitungen vom 1. Mai. 29 Polizisten werden verletzt, zwei davon schwer. NRW-Innenminister Jäger will nun weitere Provokationen mit Karikaturen unterbinden.

Bonn. Entsetzen über eine erneute Eskalation der Gewalt nach Provokationen durch die rechtsextremistischen Splitterpartei Pro NRW. Bei schweren Ausschreitungen durch salafistische Gewalttäter sind am Samstag in Bonn 29 Polizeibeamte verletzt worden. Zwei der Beamten erlitten durch Messerstiche schwere Verletzungen. 109 Gewalttäter wurden festgenommen. Bereits im Vorfeld der Demonstration waren ein Schlagstock sowie Steine und eine Steinschleuder sichergestellt worden.

Die schwer verletzten Beamten mussten im Krankenhaus operiert werden. Lebensgefahr bestehe für die 30-jährige Kommissarin und den 35-jährigen Kommissar jedoch nicht, hieß es. Gegen einen 25-Jährigen aus Hessen nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen eines versuchten Tötungsdelikts auf. Die Staatsanwaltschaft wolle Haftbefehl beantragen, teilte die Polizei am Sonntag in Bonn mit.

Anhänger von Pro NRW hatten zuvor islamfeindliche Karikaturen gezeigt. Weniger als 30 Pro-NRW-Leuten standen nach Polizeiangaben 500 bis 600 Gegendemonstranten gegenüber. Die Polizei habe zwischen beiden Seiten Mannschaftswagen geparkt, um die Situation zu entschärfen, berichtete ein Sprecher. Nach der massiven Attacken und Steinwürfen durch die Demonstranten wurde die Veranstaltung nach rund 45 Minuten beendet.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) reagierte entsetzt auf den Einsatz gezielter Gewalt. „Die systematischen Provokationen der Rechtsextremisten von Pro NRW mit islamfeindlichen Karikaturen rechtfertigen in keinster Weise diese Ausschreitungen“, sagte Jäger am Sonntag in Düsseldorf. „Das waren keine spontanen Angriffe, denn die Salafisten hatten zuvor intensiv bundesweit für ihre Aktion mobilisiert.“

Der Landesinnenminister kündigte intensive Ermittlungen an, um alle Gewalttäter zu identifizieren und zur Rechenschaft zu ziehen. „Ich gehe davon aus, dass diese Erkenntnisse dazu führen werden, dass die Sicherheitsbehörden bundesweit besser gegen gewalttätige Salafisten vorgehen können, um Angriffe gegen Polizisten im Vorfeld zu verhindern“, sagte er.

Jäger kündigte an, Provokaten mit islamfeindlichen Karikaturen bei weiteren Veranstaltungen untersagen zu lassen. „Die Ereignisse in Bonn machen klar, dass das bewusste provozierende Zeigen der Karikaturen der Auslöser für die gewaltsamen Angriffe der Salafisten war“, so der Innenminister.

Das Verbot solle für alle in der kommenden Woche noch angekündigten Veranstaltungen von Pro NRW am Montag in Bielefeld, Münster und Hagen sowie am Dienstag in Düren und Köln gelten, sagte ein Sprecher des Ministers am Sonntag und bestätigte einen Bericht der „Neuen Westfälischen“ (Montagausgabe).

Bei den Provokationen von Pro NRW gehe es um deutlich mehr als um unanständigen Wahlkampf. „Pro NRW ist gefährlich für unsere Demokratie“, so Jäger. Die Rechtsextremen von der Splitterartei schürten gezielt Hass gegen vier Millionen Muslime, die friedlich in Deutschland lebten und die sich von Salafisten distanzierten.

Der NRW-Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Erich Rettinghaus, sprach von einem „traurigen Höhepunkt“ der Spirale der Gewalt. Man müsse konsequent und hart durchgreifen, Täter auf das Härteste bestrafen und alle juristischen Möglichkeiten bis hin zu Partei-und Vereinsverboten in Betracht ziehen, forderte er.

Der Chef des Landesverbands der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Frank Richter, forderte in einem Gespräch mit der NRZ (Montagausgabe) eine Einschränkung des Demonstrationsrechts für polizeibekannte Gewalttäter. „Es muss in Zukunft auch im Versammlungsrecht möglich sein, zur Gefahrenabwehr Gewalttäter und Personen, die zur Gewalt aufrufen, von einzelnen Demonstrationen auszuschließen“, sagte er.

Bereits am 1. Mai war es in Solingen am Rande eines Pro-NRW-Auftritts zu gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen. Fundamentalistische Muslime hatten die Polizei attackiert und drei Beamte verletzt, nachdem Pro-NRW-Anhänger nahe einer Moschee Karikaturen des Propheten Mohammed gezeigt hatten. Dessen bildliche Darstellung ist im Islam verboten. Die Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen in Dänemark hatte bereits 2005 zu teils gewalttätigen Protesten von Muslimen in aller Welt geführt.

Der Salafismus ist nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes ein Sammelbecken für gewaltbereite Islamisten. Er hat in Deutschland rund

2500 Anhänger. Salafisten vertreten einen rückwärtsgewandten Ur-Islam und lehnen jede theologische Modernisierung ab. Sie vertreten diskriminierende Positionen gegen Frauen und bestehen auf deren Vollverschleierung. Seit Wochen machen sie in Deutschland mit der Verteilung kostenloser Koran-Exemplare von sich reden.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hält den Salafismus für eine Keimzelle des Islamisten-Terrors in Deutschland. „Von seinen fanatischen Anhängern geht eine besondere Gefährdung für die Sicherheit Deutschlands aus“, sagte er der „Bild am Sonntag“. „Die Salafisten liefern die ideologische Basis für viele, die dann gewalttätig werden.“