“Wir waren jung, und wir waren klein, aber wir haben schon Geschichte schrieben“, sagte Weisband mit Blick auf die jüngsten Wahlsiege.

Neumünster. Die Piratenpartei richtet sich auf den wachsenden Widerstand der etablierten Parteien gegen den politischen Newcomer ein. „Jetzt werden wir ernst genommen, und es wird gegen uns geschossen“, sagte die scheidende politische Geschäftsführerin, Marina Weisband, am Sonnabend in Neumünster zum Auftakt des Bundesparteitags. Die zunehmende Gegnerschaft sei aber ganz normal, denn in der Politik werde zunächst alles Neue abgewehrt.

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„Wir waren jung, und wir waren klein, aber wir haben schon Geschichte schrieben“, sagte Weisband mit Blick auf die Wahlsiege in Berlin und im Saarland. Sie bekräftigte das basisdemokratische Credo ihrer Partei: Den Menschen könne mehr zugetraut werden, als dies gegenwärtig geschehe. „Wir glauben daran, dass sich Menschen vernetzten müssen, weil aus einem Netzwerk die besten Ideen entstehen“, sagte Weisband, deren Partei ihre Ursprünge in der Internet-Gemeinde hat.

„Unsere Schutzfrist war kurz“, sagte sie weiter. „Aber das ist ein normaler Prozess. Politik funktioniert so, dass Neues erst einmal abgewehrt wird.“ Die Piratenpartei mache der Gesellschaft ein Angebot, und diese stehe nun vor der Aufgabe, das Angebot zu prüfen.

Das Organisationsteam erwartete mehr als 2000 Teilnehmer auf dem Bundesparteitag in Neumünster. Im Unterschied zu den anderen Parteien verzichten die Piraten auf ein Delegiertensystem; jedes Mitglied kann Anträge stellen und abstimmen. Am Nachmittag steht die Neuwahl des Bundesvorstandes auf dem Programm.

Gute Chancen werden dem bisherigen Vize Bernd Schlömer (40) eingeräumt. Er könnte den amtierenden Parteichef Sebastian Nerz ablösen, der aber erneut antritt. Weitere aussichtsreiche Bewerberin unter den insgesamt zehn Kandidaten für den Bundesvorsitz ist die Berliner Politikwissenschaftlerin Julia Schramm. Neben dem Vorsitzenden wählen die Mitglieder am Samstag und Sonntag auch die übrigen Mitglieder des bislang siebenköpfigen Bundesvorstands.

Neben den Personalentscheidungen beschäftigt sich der Parteitag vor allem am zweiten Tag auch mit programmatischen Positionen. Dazu liegen zahlreiche Anträge vor. Eine Gruppe von Bonner Piraten verteilte in der Halle in Neumünster Flugblätter mit der Forderung „Flagge zeigen gegen Rechtsextremismus“.

Bei der Entscheidung für den Tagungsort im hohen Norden hatten die Piraten die Landtagswahl in Schleswig-Holstein am 6. Mai im Blick. Eine Woche danach wird in Nordrhein-Westfalen gewählt. In beiden Bundesländern rechnen sich die Piraten gute Chancen auf einen Einzug in das Parlament aus. Sie sind bereits im Berliner Abgeordnetenhaus und im Landtag des Saarlands vertreten.

Mit Material von dpa und rtr