Washington.

Kaum zurück vom G20-Gipfel in Hamburg, holt US-Präsident Donald Trump mit voller Wucht die Russland-Affäre wieder ein. Sein ältester Sohn, Donald Trump Jr., hat sich im Juni 2016 im Hochhaus seines Vaters in New York mit einer eng mit dem Kreml verbundenen Juristin getroffen. Und zwar unter der vorher durch einen Mittelsmann verabredeten Voraussetzung, dass Natalia Veselnitskaya Belastungsmaterial gegen die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton weiterreicht.

Im Kern sei es darum gegangen, dass russische Akteure finanziell die Parteizentrale der Demokraten (DNC) unterstützt haben sollen. Das berichten „New York Times“ und „Washington Post“ unter Berufung auf verschiedene Quellen aus dem Weißen Haus.

Der Vorfall markiert den ersten klaren Beleg für den seit Monaten gehegten Verdacht, dass die Trump-Kampagne mit russischen Stellen gemeinsame Sache gemacht hat, um Clinton zu schaden. Trump selbst streitet das bis heute regelmäßig ab. Entsprechende Vorwürfe seien „erfundene Nachrichten“ der „bösartigen Lügenpresse“.

Umso erstaunter zeigte sich das politische Washington, als Donald Trump Jr. am Wochenende nach mehrfach korrigierten Stellungnahmen den Vorgang vom 9. Juni 2016 schriftlich im Detail bestätigte. Er erhält durch die Anwesenheit von Trumps Schwiegersohn Jared Kushner und dem früheren Wahlkampfchef Paul Manafort zusätzliche Brisanz. Zumindest Kushner hatte seine Teilnahme an dem Treffen mit der prominenten Russin bis vor Kurzem verschwiegen.

Rascher Rückzieher bei Hacker-Abwehr mit Russland

Laut Trump Jr. stellte sich während der knapp 30-minütigen Begegnung mit Frau Veselnitskaya schnell heraus, dass die „Behauptung von potenziell hilfreichen Informationen“ (für die Kampagne seines Vaters) nur ein Vorwand gewesen sei, um ein Randthema (Adoptionen russischer Kinder durch Paare in den USA) anzusprechen. „Es wurde schnell deutlich, dass sie keine wichtige Information hatte“, schrieb Trump Jr. in einer offiziellen Stellungnahme.

Laut „Washington Post“ bestätigte Trump Jr. damit auf „atemberaubende“ Weise, dass er das Gespräch mit der russischen Emissärin mit der klaren Absicht geführt hat, „schmutzige Details“ über Clinton zu erfahren. Das erfülle exakt den Recherche-Auftrag, der auch im Mittelpunkt der Untersuchungen von Sonderermittler Robert Mueller stehe. Der ehemalige FBI-Chef untersucht im Auftrag des Justizministeriums, ob Trump-Leute während des Wahlkampfes mit russischen Akteuren illegal kollaboriert haben. Trump Jr. betonte, dass das Treffen mit der russischen Anwältin ein einmaliger Vorgang gewesen sei, sein Vater habe davon nichts gewusst.

Für den Ethik-Beauftragten des republikanischen Ex-Präsidenten George W. Bush grenzt das Gebaren von Trump Jr. an „Landesverrat“. Richard Painter: „Das war ein Versuch, belastendes Material über eine Konkurrentin von den Russen zu erlangen, obwohl man weiß, dass sie in Amerika spionieren.“

Für Präsident Trump kommt die jüngste Enthüllung zur Unzeit. ­Während des G20-Gipfels in Hamburg sprach er nach eigenen Angaben ausführlich mit Russlands Präsident ­Wladimir Putin über die von sämtlichen US-Geheimdiensten bestätigten Ver­suche des Kreml, die Präsidentenwahlen in den USA zu torpedieren. Putin habe seinem Gegenüber versichert, dass die Vorwürfe komplett unzutreffend seien. Trump habe „die Erklärung akzeptiert und das Thema abgehakt“, hieß es später auch in US-Delegationskreisen.

Um Wahlfälschungen zu begegnen, vereinbarten Trump und Putin in Hamburg die Einrichtung einer amerikanisch-russischen Spezialeinheit, um Cyber-Attacken im Internet zu bekämpfen. Umgehend setzte in Washington der Protest ein. „Das ist nicht die dümmste Idee, von der ich je gehört habe. Aber sie kommt dem ziemlich nahe“, sagte der einflussreiche republikanische Senator Lindsey Graham. Russland sei als erwiesener Aggressor im digitalen Raum für eine Zusammenarbeit auf diesem Feld völlig ungeeignet. Indiz: Russische Hacker versuchten vor wenigen Tagen, in die Schaltzentrale von US-Atomkraftwerken einzudringen.

Der frühere Verteidigungsminister Ash Carter sagte, Trumps Idee sei so, als würde der „Typ, der dein Haus ausgeraubt hat, eine Arbeitsgruppe zur Verhinderung von Einbrüchen vorschlagen“. Prompt zog Trump am Sonntag zurück: „Die Tatsache, dass Präsident Putin und ich über eine Einheit für Cyber-Sicherheit gesprochen haben, bedeutet nicht, dass ich denke, dass es dazu kommen kann. Das kann es nicht.“

Wie Trump mit den jetzt bekannt gewordenen subversiven Aktivitäten seines Sohnes umgeht, ist noch unklar. Der mit seinem Bruder Eric gemeinsam für das Unternehmen des Vaters verantwortliche Geschäftsmann steckt nach Ansicht von Rechtsexperten in Schwierigkeiten. Er hatte mehrfach betont, dass die Russland-Affäre eine von den Demokraten erfundene Schmierenkomödie sei. Noch im März hatte er behauptet, während des Wahlkampfes zu keiner Zeit mit russischen Akteuren Kontakt gehabt zu haben.