Hamburg/Berlin. Ausmaß der Kosten für enorme Zahl an auswärtige Beamten und Verpflegung zeichnet sich ab. Bund rechnet allein für seinen Bereich mit 32 Millionen Euro Mehrausgaben

Und was kostet das Ganze? Drei Wochen vor dem G20-Gipfel, der größten politischen Veranstaltung, die Hamburg je erlebt hat, rückt auch diese Frage immer stärker in den Blickpunkt. Dabei fällt die Antwort auf den ersten Blick unbefriedigend aus: Denn sowohl die Bundesregierung als offizielle Veranstalterin des Gipfels als auch das für die Sicherheit zuständige Land Hamburg betonen, dass sich die Ausgaben erst mit einigen Monaten Abstand beziffern lassen werden.

„Die tatsächlichen Kosten der G20-Präsidentschaft lassen sich erst nach deren Ende im Dezember 2017 ermitteln“, sagte ein Sprecher der Bundesregierung dem Abendblatt. Gleichzeitig betonte er, dass die im Bundeshaushalt veranschlagten Ausgaben „alle geplanten Veranstaltungen im gesamten Verlauf der G20-Präsidentschaft“ berücksichtigten. Diese Präsidentschaft dauert jeweils ein Jahr und umfasst diverse Treffen, unter anderem auf Ministerebene und mit zivilen Organisationen – dieser „C20-Gipfel“ findet an diesem Sonntag und Montag in Hamburg statt.

Doch welche Summen sind überhaupt veranschlagt? Eine Auflistung dazu gibt es bislang nicht. Aber Recherchen des Abendblatts ergaben: G20 wird die Steuerzahler mindestens 130 Millionen Euro kosten – Betonung auf „mindestens“. Vermutlich wird die Summe erheblich höher liegen.

Auswärtige Polizisten werden für Hamburg teuer werden

So setzten sich die 130 Millionen zusammen: 50 Millionen Euro stellt der Bund Hamburg pauschal zur Verfügung, um die enormen Sicherheitsvorkehrungen bezahlen zu können. Das sieht eine im März unterzeichnete Vereinbarung zwischen dem Bundesfinanzministerium und der Stadt vor. Die Summe wird am 30. Juni auf das Konto der Innenbehörde überwiesen.

Bezahlt werden davon etwa die Kosten für auswärtige Polizisten. Insgesamt werden mehr als 15.000 Beamte der Länder im Einsatz sein. Pro Tag und Hundertschaft (etwa 80 bis 120 Beamte) fallen dafür nach den Kostensätzen 25.000 Euro an – einzelne Gruppen von Beamten, etwa aus Berlin, sind bereits seit April zum Objektschutz in Hamburg im Einsatz. Darüber hinaus müssen 150.000 Übernachtungen der Beamten in knapp 150 Hotels und 195.000 Essenspakete bezahlt werden.

Überschlagsweise dürften somit mindestens 15 Millionen Euro für die auswärtigen behelmten Polizisten, mindestens fünf Millionen Euro für Unterbringung und deutlich mehr als eine Million Euro für die Verpflegung anfallen. Die Kosten für Spezialeinheiten der Länder und besondere Ausstattung wie die vorgesehenen 61 Polizeipferde und 153 Diensthunde sind in dieser Rechnung noch nicht enthalten.

Aus der Pauschale des Bundes von 50 Millionen Euro müssen auch die Kosten für das Treffen der OSZE-Außenminister in Hamburg im vergangenen Dezember bezahlt werden. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) beteuerte aber mehrfach, dass Hamburg mit dem Geld aus Berlin auskommen werde.

In der Vereinbarung mit Hamburg hat der Bund dabei darauf verzichtet, seine eigenen Sicherheitskosten der Stadt in Rechnung zustellen. Diese belaufen sich auf rund 32 Millionen Euro.

Davon entfallen allein 20,8 Millionen Euro auf zusätzliches Personal, die Unterbringung und den Transport der Bundespolizei; 9,6 Millionen Euro für die Kräfte des Bundeskriminalamtes (BKA) sowie 1,6 Millionen Euro für den Einsatz des Technischen Hilfswerks (THW). Das geht aus einer Antwort auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion hervor, die dem Abendblatt vorliegt.

5000 Bundespolizisten sind nach Angaben von Sicherheitskreisen in und um Hamburg an den Gipfel-Tagen Anfang Juli im Einsatz, davon unterstützen rund 1100 Beamte das BKA beim Schutz der Tagung und der Hotels, in denen die Gäste untergebracht sind.

Auch Auswärtiges Amt kommt für einen Teil der Kosten auf

Weitere 48,755 Millionen Euro sind im Etat des Auswärtiges Amts unter dem Titel „Kosten aus Anlass der deutschen G20-Präsidentschaft 2017“ veranschlagt. Vermutlich werden aus diesem Titel unter anderem die Fachministerkonferenzen und Sitzungen der Facharbeitsgruppen im Vorfeld bezahlt. Bezeichnend für die Verschlossenheit des Bundes in Sachen G20-Kosten: Auf eine entsprechende Anfrage des Abendblatts teilte das Außenministerium sechs Stunden später nur mit, man möge sich an das Bundespresseamt wenden.

Die Kosten für die Unterbringung der hochrangigen Gäste und der bis zu 20.000 Delegierten tragen diese übrigens größtenteils selbst. Wie ein Sprecher der Bundesregierung sagte, sei der Bund nur beim Vermitteln der Unterkünfte behilflich, zum Beispiel indem er nahezu alle Luxushotels im Innenstadtbereich langfristig vorab reserviert hatte. Die Kosten für die Übernachtungen würden jedoch von den ausländischen Regierungen erstattet.

Dass 130 Millionen Euro am Ende bestenfalls die Untergrenze sein werden, macht auch ein Blick auf die Kosten früherer Gipfel deutlich: So soll schon das deutlich kleinere G7-Treffen 2015 im bayerischen Schloss Elmau den deutschen Staat 112,64 Millionen Euro gekostet haben – das hatte jedenfalls die Bundesregierung mitgeteilt. Der Bund der Steuerzahler hatte hingegen von Ausgaben in Höhe von 350 Millionen Euro gesprochen. Ähnlich sah es beim G8-Treffen 2007 im Ostseebad Heiligendamm aus: Offiziell war von Kosten in Höhe von 90 Millionen Euro die Rede, es gab jedoch auch Darstellungen, die deutlich darüber hinaus gehen.

Auch für Hamburg gibt es Prognosen, die von ganz anderen Größenordnungen ausgehen. So verweist die Linkspartei darauf, dass beim G20-Gipfel in Toronto allein die Sicherheitsmaßnahmen knapp 400 Millionen Euro verschlungen hätten. Ihr Antrag, der Senat möge offenlegen, welche Ausgaben auf die Stadt zukommen, wurde in der Bürgerschaft abgelehnt – mit den Stimmen von SPD, Grünen und CDU.

Die Fraktion der Grünen im Bundestag, die erstmals Zahlen zu den Mehrausgaben im Bund mit ihrer Anfrage ermittelt hat, äußert grundsätzliche Kritik an der Wahl Hamburgs als Tagungsort „Die Antwort macht noch einmal deutlich, wie sehr der Gipfel auch bei den Bundesbehörden Kapazitäten binden wird“, sagte die Grünen-Innenexpertin Irene Mihalic. „Angesichts der vielfältigen Aufgaben der Sicherheitsbehörden ist das sehr kritisch und Hamburg ist daher als Austragungsort von Anfang an zu Recht kritisiert worden.“