Berlin. Wie die Kanzlerin mit dem Gesetz zur Vollzeitrückkehr attackiert werden soll

Für den SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz läuft es derzeit nicht gut. In den Umfragen fällt die Partei weiter hinter die Union zurück. Nach dem am Dienstag veröffentlichten Wahltrend von „Stern“ und RTL würde es erstmals für eine schwarz-gelbe Koalition im Bund reichen. Nach der chaotischen Vorstellung des Wahlprogramm-Entwurfs am Montag ohne Schulz fällt es schwer, Positives zu finden. Martin Schulz findet es – er hat die Geschlossenheit seiner Partei gelobt. In mehreren Interviews wies er auf das einstimmige Votum der Parteiführung für das 71-Seiten-Papier hin.

Schulz will wieder in den Kampfmodus kommen. Er steht am Dienstag in der SPD-Zentrale und wettert gegen die CDU-Kanzlerin. Er gibt Angela Merkel die Schuld daran, dass das geplante Recht zur Rückkehr von einer Teilzeit- auf eine Vollzeitstelle gescheitert ist. Auch SPD-Generalsekretärin Katarina Barley übt Kritik. „Das ist die frauenpolitische Bankrotterklärung von Frau Merkel und Co.“, sagte Barley dieser Zeitung. Von dem Gesetzentwurf hätten in erster Linie Frauen profitiert, die in der Teilzeitfalle landen. Gleichberechtigung in der Arbeitswelt sei „die beste Versicherung gegen Altersarmut, von der immer noch überdurchschnittlich Frauen betroffen sind“, sagte Barley. „Die CDU-Vorsitzende nimmt das offenbar billigend in Kauf.“ Merkel müsse erklären, wie sie die dringend notwendige Veränderung ohne klare gesetzliche Regelungen erreichen möchte.

Doch ein zu Schulz zeitgleicher Auftritt der Kanzlerin zwei Kilometer entfernt lässt ahnen: Schulz dürfte sich in nächster Zeit die Zähne an Merkel ausbeißen – auch wenn er in Vollzeit den Angreifer gibt. Eigentlich hätte die Kanzlerin eine ideale Gelegenheit, der SPD in puncto soziale Gerechtigkeit Paroli zu bieten. Sie spricht zum 100. Jubiläum des Sozialverbands Deutschland. Sie lobt zwar soziales Engagement und verspricht, deutsche Sozialstandards auch in Europa zu verteidigen. Doch zu teuer dürften soziale Reformen nicht werden, so ihre Kernbotschaft. Am Beispiel des Bundesteilhabegesetzes für Menschen mit Behinderungen unterstreicht sie: „Wie bei allen Sozialleistungen müssen wir natürlich auch auf die Kosten schauen – es geht um das Geld der Steuerzahler.“