Paris.

Es ist ein grauer Audi, der vor einer auf Rot springenden Ampel auf den Champs-Élysées stoppt. Dahinter bringt Cyril M. am Donnerstagabend kurz nach 21 Uhr seinen Wagen zum Stehen. Im nächsten Augenblick muss er mitansehen, wie der Fahrer des Audis aussteigt, auf einen auf dem rechten Standstreifen stehenden Mannschaftsbus der Polizei zugeht, „als wolle er die Insassen um eine Auskunft bitten“. Plötzlich zieht er eine Kalaschnikow unter seiner schwarzen Jacke hervor und eröffnet das Feuer.

Ein Polizist wird von dem Kugelhagel auf der Stelle getötet, zwei weitere werden schwer verletzt, bevor deren Kollegen reagieren können, den zu Fuß flüchtenden Angreifer verfolgen und schließlich erschießen. Dramatische Minuten auf der zu dieser Stunde stark belebten Prachtavenue im Herzen der Hauptstadt, in denen wie durch ein Wunder nur eine weitere Person, eine deutsche Touristin, durch einen Querschläger ernsthaft, aber nicht lebensbedrohlich verwundet wird, wie das Auswärtige Amt in Berlin mitteilte.

Die Anti-Terror-Abteilung der Pariser Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen an sich gezogen. In der Nähe der Leiche des Angreifers fanden die Beamten einen handschriftlichen Zettel, auf dem der IS verteidigt wurde – er sei wahrscheinlich aus der Tasche des Mannes gefallen, so Staatsanwalt François Molins. Im Auto des Angreifers lagen ein Koran und eine weitere Schusswaffe. Der Angriff ähnelt fünf vergleichbaren islamistischen Anschlägen, die in den vergangenen zwei Jahren auf Soldaten oder Polizisten in Frankreich verübt worden sind.

Weil mehrere Augenzeugen von zwei Angreifern sprechen, wird das gesamte Viertel durchkämmt. Doch nach zwei Stunden verfestigt sich die Überzeugung, dass ein Einzeltäter den Anschlag ausführte. Es handelt sich um den vorbestraften 39-jährigen Franzosen Karim Cheurfi. Der in der Pariser Region beheimatete Mann hatte bereits 2001 zweimal Polizisten mit einer Schusswaffe angegriffen und war deswegen zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Ende des Jahres 2015 kam er wegen guter Führung vorzeitig frei, doch die Behörden behielten ihn im Auge. Erst im Februar wurde er unter dem Verdacht verhaftet, Pläne zur Ermordung von Polizisten zu schmieden – allerdings aus persönlichen Gründen. Da die Polizei ihren Verdacht jedoch nicht erhärten konnte, wurde er wieder aus dem Gewahrsam entlassen.

Die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) hat sich zwar zu dem Anschlag bekannt. Das IS-Sprachrohr Amak wies die Tat aber einem Mann namens Abu Jussuf al-Beldschiki (der Belgier) zu. Die französische Polizei löste daraufhin eine Fahndung nach einem weiteren Verdächtigen aus. Dieser, so teilte das Innenministerium mit, sei von belgischen Behörden identifiziert worden. Unklar ist, ob tatsächlich ein Zusammenhang zum Anschlag in Paris besteht.