Berlin. Imkerbund fordert bei internationaler Konferenz ein Komplettverbot für bienenschädliche Insektizide und eine Agrarreform für mehr Pflanzenvielfalt

Sie fliegen wieder – doch es sind viel weniger als erhofft: Nur rund 650.000 Bienenvölker sind durch den Winter gekommen, die rund 110.000 deutschen Imker beklagen einen massiven Völkerschwund, stellenweise seien 70 Prozent der Bestände verloren. Als Ursache sehen Experten vor allem zwei Faktoren: Die Bienen seien geschwächt, weil die konventionelle Landwirtschaft kaum noch Nahrungsvielfalt biete. Gleichzeitig seien die Völker durch Insektizide belastet. Beides zusammen macht die Bienen anfällig – etwa für Milben und andere Schädlinge. Der Deutsche Imkerbund forderte am Dienstag die Politik zu mehr Engagement für die Bienen auf.

„Wir brauchen eine neue Agrar­reform“, verlangte Imkerpräsident Peter Maske zum Auftakt der ersten internationalen Bienenkonferenz in Berlin. Die Landwirtschaft müsse stärker zu pflanzlicher Vielfalt und ökologischem Anbau verpflichtet werden. Monokulturen würden Bienen schaden und sie anfälliger für Schädlinge machen. „Die wollen nicht nur Raps. Die wollen auch Löwenzahn oder Wildkirsche“, so Maske. Und: Insektizide, die für Bienen nachweislich schädlich seien, wie die Neonikotinoide, müssten komplett verboten werden.

Ohne Bienen geht nichts in der Ernährungswirtschaft: Rund 80 Prozent der heimischen Pflanzen müssen bestäubt werden, damit sie sich fortpflanzen, Obst und Gemüse liefern können. Allein der wirtschaftliche Nutzen der Bestäubungsleistung wird in Deutschland auf jährlich mindestens zwei Milliarden Euro geschätzt – der reine Honigertrag ist dabei noch nicht eingerechnet. Nach dem schlechten Winter erwartet der Imkerbund allerdings herbe Ertragseinbußen: Die Verluste könnten bundesweit bei 20 Prozent und mehr liegen, heißt es. Durch das Bienensterben fehlten bis zu 170.000 Bienenvölker in diesem Frühjahr zur Bestäubung vieler Kultur- und Wildpflanzen.

Werbung für urbanes Imkern? „Das ist nicht mehr nötig“

Um den Bienenschutz zu verbessern, setzt Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) auch auf die Bürger: „Gerade jetzt im Frühjahr können wir alle viel für die Bienen tun.“ Mit Hilfe einer neuen Internetseite (www.bienenfuettern.de) sollen Hobbygärtner im Beet und auf dem Balkon eine bienenfreundliche Umgebung schaffen. Bereits vor zwei Jahren hatte Schmidt eine kostenlose Bienen-App fürs Smartphone auf den Markt gebracht.

Experten sehen Schmidts Aktivitäten mit gemischten Gefühlen. Zu wenig effektiv, zu zögerlich – so das Urteil. Mit Sorge beobachtet Imkerpräsident Maske zudem, dass die Zahl der Imker in den Städten größer wird, auf dem Land dagegen sinkt. Ein Grund dafür sei, dass Bienen heute in Städten über den ganzen Sommer hinweg deutlich mehr Nahrungsvielfalt finden – auf Balkonen, Friedhöfen, in Parks und Vorgärten. Auf dem Land dagegen ist für die Bienen vielerorts nach Raps- und Obstblüte oft kaum noch etwas zu holen. „Die Städte sind übervölkert von Bienen“, sagt Maske. Werbung für urbanes Imkern? „Das ist längst nicht mehr nötig.“

Die Grünen werfen Landwirtschaftsminister Schmidt vor, beim Bienenschutz nur Symbolpolitik zu betreiben: „Nach der Bienen-App und allein drei großen Bienenkonferenzen im letzten Jahr setzt Schmidt mit seinem großen Bienen-Zirkus die Reihe teurer PR-Events fort, statt die lange bekannten Probleme der Honig- und Wildbienen anzupacken“, erklärten die Umweltexperten Harald Ebner und Steffi Lemke am Dienstag. Beim Verbot bienenschädlicher Insektizide stehe der Minister auf der Bremse, „auch bei der Umschichtung von Agrarmitteln in besonders bestäuberfreundliche Bereiche wie den Ökolandbau“, tue sich zu wenig.

Schmidt wies darauf hin, dass in Deutschland seit 2016 immerhin kein Wintergetreide-Saatgut mehr verwendet werden darf, das mit Neonikotinoiden behandelt wurde. Die EU-Kommission plant inzwischen sogar ein Komplettverbot für drei Neonikotinoide – und stützt sich dabei auf Erkenntnisse der Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit. Der Deutsche Bauernverband dagegen beklagt Ernteausfälle durch den Verzicht auf die Insektizide.