Berlin. Zum ersten Mal stellen die über 60-Jährigen die größte Wählergruppe bei der Bundestagswahl

Noch nie hatte die Generation „60 plus“ so viel Macht: Bei der nächsten Bundestagswahl werden Senioren zum ersten Mal die größte Wählergruppe stellen – 36,1 Prozent der Wahlberechtigten sind im Herbst 2017 über 60 Jahre alt. Nach einer Berechnung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), die dieser Zeitung exklusiv vorliegt, wird die Gruppe der 40- bis 60-Jährigen dagegen nur 34,7 Prozent ausmachen, die unter 40-Jährigen kommen auf 29,3 Prozent.

Senioren würden daher den Ausgang der Bundestagswahl 2017 so stark beeinflussen wie bei keiner anderen zuvor, heißt es in einer Erklärung der GDV-Initiative „7 Jahre länger leben“. Zumal der Einfluss der Älteren sogar noch größer sei, als es ihr Anteil an den Wahlberechtigten ausdrücke. Denn Senioren gehen zuverlässiger zur Urne als jüngere Menschen. Bei der Bundestagswahl 2013 gaben demnach nur knapp zwei Drittel der unter 40-Jährigen ihre Stimme ab. Bei den über 60-Jährigen seien es mehr als drei Viertel gewesen.

Die Politik hat sich längst auf die älteren Wähler eingestellt, Programme und Wahlkampfstrategien angepasst – zum Beispiel: die Forderung nach einer Ausweitung der Mütterrente für Ältere, die Landarztquote für eine bessere medizinische Versorgung in entlegenen Gebieten, der Bestandsschutz für das teure Ehegattensplitting, von dem auch Ältere ohne Kinder profitieren.

Demografieforscher beobachten seit Langem einen „vorauseilenden Gehorsam“ bei den Parteien, wenn es um Themen der Generation 60 plus geht. Etwa bei der Reform der Rente. Viele sehen jedoch auch, dass Rentner ihre Wahlentscheidung nicht allein entlang egoistischer Kriterien fällen: Die Generation 60 plus, das seien eben auch Großeltern mit einem starken Verantwortungsgefühl – etwa bei der Schulpolitik oder beim Umweltschutz. Wahlforscher Manfred Güllner warnt deswegen vor allem die großen Parteien vor Klientelpolitik für Senioren: „Die über 60-Jährigen sind keine einheitliche Gruppe“, sagte der Forsa-Chef dieser Zeitung. „Sie sind genauso vielfältig wie die Jüngeren.“ Bei den Grünen dagegen beobachtet Güllner eine Besonderheit: „Wer einmal grün gewählt hat, bleibt in der Regel ein Leben lang dabei.“ Die Grünen seien in den letzten 40 Jahren mit ihren Wählern älter geworden.