Düsseldorf.

Der Fall des islamistischen Attentäters Anis Amri hat massive Probleme beim europäischen und innerdeutschen Datenaustausch offenbart. Das haben der Chef des Bundeskriminalamts, Holger Münch, und der Ex-Chef des Bundesamts für Flüchtlinge (BAMF), Frank-Jürgen Weise, am Montag als erste Zeugen im Untersuchungsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags zum Fall Amri zu Protokoll gegeben. So habe die sogenannte Eurodac-Anfrage bei Amri keinen Treffer ergeben, obwohl er in Italien straffällig geworden sein soll, sagte Weise. In der Eurodac-Datenbank sollen die Fingerabdrücke straffällig gewordener Flüchtlinge gespeichert werden.

Schon ein Alias-Name oder der Buchstabendreher Amri/Amir bei der Angabe des Nachnamens habe verhindert, dass dessen kriminelle Vorgeschichte ans Licht komme, sagte Münch. Das Schengener Informationssystem müsse dringend reformiert und um biometrische Daten ergänzt werden. Der europäische Informationsaustausch sei zu langsam und die Rechtshilfeersuchen zu aufwendig.

Aber auch in Deutschland gebe es Schwachstellen: „Unser Inpol-System ist alt und langsam“, sagte BKA-Chef Münch. Auch gehörten die Polizeigesetze der Bundesländer harmonisiert. Derzeit gebe es für die Einstufung als Gefährder in Deutschland unterschiedliche Standards der Bundesländer. „Da gibt es dringenden Nachholbedarf.“ Münch regte auch einen Lastenausgleich an: Berlin und NRW hätten fast die Hälfte der
derzeit 602 Gefährder bundesweit zu
beobachten. „Das ist auch eine Frage der Ressourcen. Deutschland sollte da als Gefahrengemeinschaft agieren.“

Der Untersuchungsausschuss will bis zur Landtagswahl am 14. Mai klären, warum der Tunesier Amri sich frei bewegen und am 19. Dezember in Berlin einen Anschlag mit zwölf Toten verüben konnte. Amri war in NRW gemeldet, als Gefährder eingestuft und als Asylbewerber abgelehnt worden.