Berlin. Engelbert Lütke Daldrup wird neuer Geschäftsführer. Zudem verlässt der Regierende Bürgermeister Michael Müller den Aufsichtsrat des Unternehmens

Die Führungskrise am neuen Hauptstadtflughafen ist vorläufig beendet. Die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg bekommt einen neuen Chef. Der bisherige Geschäftsführer Karsten Mühlenfeld muss wegen eines tief sitzenden Zerwürfnisses mit weiten Teilen des Aufsichtsrates gehen. Der Berliner Staatssekretär Engelbert Lütke Daldrup (SPD) soll als neuer Flughafenchef den BER an den Start bringen. Es ist der vierte Geschäftsführer, der sich seit der geplatzten Eröffnung 2012 daran versucht.

Lüdke Daldrup sei „am nächsten dran“ an der Baustelle und sichere eine personelle Kontinuität, so die Begründung für die Personalentscheidung. Der Regierende Bürgermeister und BER-Aufsichtsratschef Michael Müller (SPD) sagte, das Kontrollgremium habe dem Vorschlag einstimmig zugestimmt. Der von Mühlenfeld entlassene Bauleiter Jörg Marks kehrt zurück und nimmt seine Arbeit wieder auf.

Der 60 Jahre alte Stadtplaner Lütke Daldrup gilt schon lange als Müllers Mann für heikle Aufgaben. 2014 holte ihn der damalige Bausenator in sein Ressort, um den bis dahin schleppenden Wohnungsbau in Berlin voranzubringen. Als Müller seinen Vorgänger Klaus Wowereit (SPD) als Chef des BER-Aufsichtsrates ablöste, setzte er Lütke Daldrup als seinen Flughafenkoordinator ein. Einen Posten, den es anders als in Brandenburg in Berlin nie gegeben hatte.

Zu Anfang seiner Laufbahn leitete Lütke Daldrup in der Berliner Stadtentwicklungsverwaltung das Referat Hauptstadtgestaltung. 1995 wechselte er nach Leipzig und prägte als Stadtbaurat für zehn Jahren die Wiedererstehung der sächsischen Messestadt. Mit verspäteten Großprojekten und ausufernden Kosten hat er dort Erfahrung gesammelt. 2003 begann in Leipzig der Bau des City-Tunnels, zweier Bahnröhren unter der Innenstadt. Lütke Daldrup war als Baurat einer der Bauherren des Projekts, dessen Baukosten von ursprünglich anvisierten 572 Millionen Euro auf 935 Millionen anschwollen. Eröffnet wurde der Tunnel vier Jahre verspätet 2013, als Lütke Daldrup schon wieder in Berlin war. Als sein Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee (SPD) zum Bundesbauminister avancierte, machte er Lütke Daldrup zu seinem Staatssekretär. 2009 musste er nach dem Regierungswechsel seinen Posten räumen, einer seiner Nachfolger wurde Rainer Bomba, der heute mit im BER-Aufsichtsrat sitzt. Zwischendurch war der Planer freiberuflich tätig, ehe er zur Internationalen Bauausstellung Thüringen ging und dort Geschäftsführer wurde. Müller holte ihn dann wieder nach Berlin. Und als die SPD das Stadtentwicklungsressort an die Linke abgab, nahm der Regierende ihn mit ins Rote Rathaus. Dort kümmerte er sich um das Flughafen-Projekt und sollte darüber hinaus Strategien für Berlin entwickeln.

Müller selbst kündigte an, nach dem Seitenwechsel seines Vertrauten aus dem Aufsichtsrat auszuscheiden. Lütke Daldrup war in der Senatskanzlei Müllers rechte Hand. Eine direkte Überwachung sei da nicht sachgerecht, sagte Müller. Die Vertragsgestaltung für den neuen Geschäftsführer soll am 17. März zu der nächsten Aufsichtsratssitzung vorliegen. Über das Wochenende hatten sich die Pläne zerschlagen, einen erfahrenen, externen Manager für den Weiterbau zu engagieren.

Mühlenfeld hatte sich mit dem Aufsichtsrat überworfen, als er in der vorvergangenen Woche überraschend den BER-Bauleiter Jörg Marks entließ. Zwei Wochen zuvor hatte der Aufsichtsrat noch der gesamten Geschäftsführung und auch Marks das Vertrauen ausgesprochen, obwohl technische Schwierigkeiten mit Türen und Sprinklern zu einer endgültigen Absage des angepeilten Start-Termins Ende 2017 geführt hatten. Zuletzt tauchte ein anonymes Papier auf, das angebliche Versäumnisse Marks’ sowie weitere technische Probleme an der Schnittstelle zwischen Brandmeldeanlage und dem Sprinklersystem auflistet.

Mühlenfeld hatte schon am Wochenende einen Aufhebungsvertrag mit den Gesellschaftern ausgehandelt, seinen Widerstand gegen seine Ablösung gab der Manager auf. Dem Vernehmen nach erhält Mühlenfeld 800.000 Euro aus seinem bis 2020 laufenden Vertrag als Abfindung ausgezahlt.

Nach Ansicht der CDU kommt das BER-Projekt mit dem neuen Chef vom „Regen in die Traufe“, sagte Fraktionschef Florian Graf: „Nun sollen noch mehr Politiker den Großflughafen fertigstellen. Müller stiehlt sich davon, nicht jedoch ohne weiteren roten Filz zu verbreiten.“ Die Eröffnung ist seit dem Baubeginn im Jahr 2006 schon fünf Mal verschoben worden. Inzwischen gibt es gut fünf Jahre Verzug. Grund sind Technikprobleme, Fehlplanungen und Baumängel, aber auch Personalwechsel. Ein neuer Eröffnungstermin wurde nicht genannt.