Warschau/Brüssel. Warschau erklärt Streit um Rechtsstaatlichkeit einseitig für beendet

Zwischen Polen und der EU-Kommission stehen die Zeichen auf Sturm. Im Dauerstreit über Demokratie und Rechtsstaat in Polen warf Außenminister Witold Waszczykowski der Brüsseler Behörde am Dienstag eine Überschreitung ihrer Befugnisse vor und griff namentlich Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans an. Die Kommission wies die Kritik zurück und prüft nun, wie sie weiter im Fall Polen vorgeht.

Sie hatte vor mehr als einem Jahr ein Prüfverfahren gegen das EU-Mitglied gestartet. Grund war der Umbau des Verfassungsgerichts durch die nationalkonservative Regierungspartei PiS. Aus Sicht der EU-Kommission kann das Tribunal die Regierung nicht mehr wie vorgesehen kontrollieren. Letztlich geht es um die Gewaltenteilung als Grundprinzip der Demokratie. Die EU-Behörde hatte Polen aufgefordert, das umstrittene Gesetz bis zum 21. Februar, also diesen Dienstag, zu korrigieren. Außenminister Waszczykowski sagte jedoch im polnischen Rundfunk, aus polnischer Sicht sei die Angelegenheit bereits durch frühere Änderungen abgeschlossen. Nur aus Höflichkeit habe Polen der Kommission geantwortet.

„Die Kommission und viele Kommissare überschreiten ihre Befugnisse“, kritisierte Waszczykowski. Die Politiker führten sich wie politische Berühmtheiten auf, sagte er in Anspielung auf EU-Kommissar Timmermans, der Polen zuletzt auf der Münchner Sicherheitskonferenz wegen Demokratieverstößen scharf getadelt hatte.

Die EU-Kommission äußerte sich noch nicht inhaltlich zum Schreiben aus Warschau, betonte aber: „Die Kommission ist politisch farbenblind, wenn es um Rechtsstaatlichkeit geht.“ Sei das Prinzip in einem Mitgliedstaat in Gefahr, sei dies ein Thema für alle Staaten. Die Kommission stehe mit ihren Bedenken nicht allein.

Auch im Europaparlament, das im Herbst Polen bereits in einer Resolution zur Rechtsstaatlichkeit ermahnt hatte, herrscht weiter Unmut. Die SPD-Abgeordnete Sylvia-Yvonne Kaufmann nannte die polnische Reaktion enttäuschend. Mit dem Vorwurf politischer Motive sei „die Eskalation mit den europäischen Partnern programmiert“.