Washington.

Sigmar Gabriel war da, Ursula von der Leyen ist gerade zurück, mit Alexander Dobrindt ist schon der Nächste auf dem Sprung. Drei Kabinettsmitglieder geben sich in Washington die Klinke in die Hand. Macht ist: andere kommen zu lassen. Nicht die neuen Machthaber in den USA stellen sich vor. Die Verbündeten sind es, die sich andienen, um ihre Partner persönlich und politisch kennenzulernen.

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) wird US-Heimatschutzminister John Kelly in ein paar Tagen auf der Münchner Sicherheitskonferenz sehen. Zuvor wird wohl Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) seinen amerikanischen Amtskollegen in seiner badischen Heimat begrüßen können: Mitte März treffen sich die G20-Finanzminister im Kurort Baden-Baden. Einen Monat später reist Schäuble wie üblich zur Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds nach Washington.

Und wann bricht Kanzlerin Angela Merkel in die USA auf? Ihr Treffen mit Präsident Donald Trump wird der unberechenbarste Termin sein. Im Juni sieht sie ihn auf dem G7-Gipfel in Italien, für Juli hat Trump ihre Einladung nach Deutschland zum G20-Treffen in Hamburg angenommen. Bis dahin ist jeder Ministerbesuch in Washington eine Annäherung an Trump.

Für Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen galt es am vergangenen Freitag im Pentagon, ihren US-Kollegen James Mattis zu taxieren. Wie ist seine Umlaufbahn? Wie nahe ist Mattis dem Präsidenten? Oder: Wie distanziert?

Der neue Partner redet allgemein und über sich. Es sei immer einfacher, sagt er bei dem Treffen, „von außen als kritischer Beobachter zuzuschauen, aber sehr viel schwieriger, wenn man dann tatsächlich mit komplexen Entscheidungen konfrontiert wird, die man in Positionen mit Verantwortung bewältigen muss“. Beschreibt er so Trumps neuen Alltag? Mattis bot von der Leyen einen strategischen Dialog an. Das heißt: regelmäßige bilaterale Absprachen und eine Sonderstellung. Den Preis dafür bekam von der Leyen allerdings auch zu spüren: die Forderung, mehr für die Sicherheit zu tun, viel mehr.

Mattis will US-Truppenstärke in Afghanistan erhöhen

Neu ist das Ansinnen nicht. Mit Trump wird es nur ungeduldiger denn je vorgetragen. Gemeint ist, dass die Nato-Staaten bis spätestens 2020 zwei Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts im Jahr für Verteidigung ausgeben sollen. In Deutschland stagnieren die Werte unter 1,5 Prozent. Es sind natürlich nicht die Rumänen und Bulgaren, an die Trump denkt, sondern Deutschland, weil es die größte Volkswirtschaft ist. Wobei es den Amerikanern auch nicht um die bloßen Budgetgrößen geht, sondern um eine Entlastung, um zusätzliche Divisionen in Europa, um mehr Truppen, Durchschlagskraft, bessere Ausrüstung.

Wenn sich die Verteidigungsminister der Nato Mitte nächste Woche treffen, dann werden die Europäer von den Amerikanern Verlässlichkeit fordern – und die ihrerseits bei den Partnern das Zwei-Prozent-Ziel anmahnen. Von der Leyen muss sich nicht verstecken und hat mindestens drei Argumente.

Argument Nummer eins: Die Bundeswehr ist längst mehr als das bewaffnete Technische Hilfswerk, wie gelegentlich von US-Soldaten karikiert. Sie ist eine Armee im Einsatz, zum Beispiel mit robusten Einsätzen in Mali und Afghanistan. Sie überwacht aber auch den Luftraum über den baltischen Staaten Estland und Lettland, bildet und rüstet die Peschmerga im Nordirak im Kampf gegen den IS aus, führt Aufklärungsflüge durch, patrouilliert im Mittelmeer, bekämpft Piraten.

Argument Nummer zwei: Längst hat sich die Bundeswehr zu einem Anlehnungspartner für viele andere Armeen in Europa entwickelt. Franzosen, Polen und Norweger kooperieren mit ihr, die Holländer haben ihr sogar einen Großteil ihrer Heeresverbände untergeordnet. Aktuell steht eine ähnliche Vereinbarung mit Rumänen und Tschechen zur Unterzeichnung an. Es ist der Startschuss für den Aufbau einer gemeinsamen Brigade noch in diesem Jahr.

Argument Nummer drei: Es ist Bundestagswahl. Von der Leyen kann keine Zusagen über das Zwei-Prozent-Ziel geben, solange darüber innenpolitisch keine Verständigung erzielt worden ist.

Die größte Herausforderung von allen könnte für von der Leyen der Kampf gegen den islamischen Extremismus werden. Mattis will die US-Truppenstärke in Afghanistan erhöhen. Das ist erst mal im Sinne der Deutschen und eine Kurskorrektur; unter Trumps Vorgänger Barack Obama sahen die Vorzeichen noch völlig anders aus. Mattis hat sich zugleich verpflichtet, Trump ein neues Konzept für den Anti-Terror-Kampf vorzulegen. Die IS-Hochburg Mossul ist noch nicht endgültig zurückerobert, da kündigt sich schon der nächste Schauplatz an: der Kampf um Rakka. Es wird Mattis’ erste große Herausforderung im Amt sein, und wenn der erfahrene Nato-Soldat seine neue strategische Partnerin um mehr Hilfe bittet, kann von der Leyen kaum Nein sagen.