Washington.

Der Streit um das von Donald Trump verhängte Einreiseverbot für Menschen aus sieben muslimisch dominierten Ländern wird zur juristischen Hängepartie und ersten Bewährungsprobe für die Durchsetzungskraft des neuen US-Präsidenten.

Nachdem ein Bundesrichter aus
Seattle das weltweit kritisierte Dekret vorläufig landesweit gekippt hatte, legte das Justizministerium auf Anweisung Trumps Einspruch ein. Es sei „souveränes Vorrecht“ des Präsidenten, Ausländern die Einreise zu verweigern, sagten die Staatsanwälte. Außerdem sei es unzulässig, dass ein Richter „im Nachhinein die Lagebeurteilung des Präsidenten zur nationalen Sicherheit anzweifelt“.

Die Intervention blieb erfolglos. Das Berufungsgericht in San Francisco verlangt bis heute Nachmittag (Montag) zusätzliche Argumente. Bis auf Weiteres bleibt damit das als Terror-Prävention angekündigte Einreiseverbot für Bürger aus Irak, Iran, Libyen, Somalia, Syrien, Sudan und Jemen außer Kraft. Tausende Menschen in den betroffenen Ländern, die über gültige Visa verfügen, können laut Heimatschutzministerium wieder nach alten Standards einreisen. Wie lange? Ungewiss. Zwischenzeitlich waren über 100.000 Visa annulliert worden.

Weil auf unteren Justizebenen zum „Muslim-Bann“ mehrere widerstreitende Urteile aus mindestens vier Bundesstaaten vorliegen, rechnen Rechtsexperten damit, dass der Fall schon sehr bald vor dem Obersten Gerichtshof in Washington landen wird. Via Twitter machte der Präsident am Wochenende seiner Wut über den Stillstand mehrfach Luft und griff die Justiz frontal und persönlich an. Richter James Robart, der einst vom republikanischen Präsidenten George W. Bush ernannt worden war, wurde für sein auf Antrag des Bundesstaats Washington ergangenes Urteil von Trump sogar als Risiko für die nationale Sicherheit angeprangert. Robarts „lächerliche“ Entscheidung, das Einreiseverbot auf Eis zu legen, werde „überstimmt“, kündigte Trump an. Später warf er dem „sogenannten Richter“ aus Seattle, der erhebliche verfassungsmäßige Bedenken gegen Trumps Präsidial-Erlass hegt, vor, „unser Land für potenzielle Terroristen und andere zu öffne, die nicht unser Wohl im Herzen haben“.

Als Reaktion auf die Gerichtsentscheidungen ordnete Trump intensive Personenkontrollen an. Er habe das Ministerium für Heimatschutz angewiesen, Einreisende sehr sorgfältig zu überprüfen, teilte er am Sonntag ebenfalls per Twitter mit. Die Gerichte machten aber auch dies sehr schwierig.

Die Wucht, mit der sich Trump ereiferte („Wohin kommt unser Land, wenn ein Richter einen Einreisebann zum Heimatschutz stoppen und dann jeder, sogar solche mit bösen Absichten, in die Vereinigten Staaten kommen kann?“), hat vor allem bei den oppositionellen Demokraten die Befürchtung ausgelöst, der Präsident könnte das Prinzip der Gewaltenteilung ignorieren und das Land in eine Verfassungskrise steuern. „Die Feindseligkeit des Präsidenten gegenüber der Kraft der Gesetze ist nicht nur beschämend“, sagte Senator Patrick Leahy, „sie ist gefährlich.“ Auch republikanische Abgeordnete zeigten sich besorgt über den „Mangel an Respekt für die unabhängige Gerichtsbarkeit“, meist aber nur hinter vorgehaltener Hand.

Fachpolitiker beider Parteien betonten unterdessen, dass die Sicherheitshürden vor der Einreise („Vetting“) gerade für Flüchtlinge aus Bürgerkriegsregionen bereits heute extrem hoch seien. Im Einzelfall dauert es 24 Monate, bis ein Flüchtling aus Syrien nach Amerika kommen darf. Trump will von dort gar keine Menschen mehr ins Land lassen.

Die Republikaner attackierten Obama einst genauso scharf

Dass Trump und mit ihm viele Republikaner allergisch auf die Querschüsse der Justiz gegen den Einreise-Bann reagieren, hat unter Juristen und US-Medienvertretern Verwunderung ausgelöst. Grund: Vor zwei Jahren verhielten sich die Konservativen im Kampf gegen Obamas Einwanderungsreform exakt nach dem gleichen Muster.

Der damalige Präsident wollte per Dekret vier Millionen Illegale vor der Abschiebung bewahren. 26 republikanische Gouverneure sahen darin eine klare Überdehnung der präsidialen Befugnisse und klagten. Ein Gericht in Texas gab ihnen Recht. Obama legte Einspruch ein und verlor erneut. Am Ende landete der Streit im Frühjahr 2016 vor dem Supreme Court. Weil das höchste Gericht nach dem Tod von Richter Antonin Scalia nicht komplett besetzt war und die übrigen acht Richter in einer Patt-Situation verharrten, blieb die Vorentscheidung aus Texas bestehen. Trump könnte das gleiche Schicksal ereilen. Solange sein frisch nominierter Scalia-Ersatz Neil Gorsuch nicht vom Senat bestätigt ist, kann das Verfahren noch Monate dauern. Es stehen sich weiter vier liberale und vier konservative Richter gegenüber.