Berlin.

Die Verteidigungsministerin wird angekündigt, kommt in den Raum, zackig erheben sich die Soldaten von ihren Stühlen. So weit, so gewohnt. Nur das Thema ist an diesem Dienstag alles andere als alltäglich für die Truppe. „Sexuelle Orientierung und Identität der Bundeswehr“ ist das Motto des Workshops, zu dem Ursula von der Leyen 200 hochrangige Vertreter aus Militär, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in die Kalkscheune in Berlin-Mitte eingeladen hat. Es ist ein Thema, das der CDU-Politikerin am Herzen liegt.

Und die Ministerin sagt Sätze wie: „Und ob sie nun schwul, lesbisch, transsexuell oder heterosexuell seien mögen, sie sind uns mit ihrem Können willkommen in der Bundeswehr.“ Oder: „Es sind doch gerade all diese unterschiedlichen Köpfe und Charaktere und Talente, die uns stark machen.“

Ursula von der Leyen möchte die Truppe endgültig an die Lebenswirklichkeit heranführen. Es ist Teil ihrer Modernisierungsoffensive, die etwa bei der Materialbeschaffung dem Zeitplan hinterherhinkt. Die Ministerin will die Bundeswehr zu einem der attraktivsten Arbeitgeber Deutschlands formen.

Im Vorfeld des Workshop gab es eine lebhafte Diskussion. „Falsche Prioritäten“, warf etwa SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold der Ministerin vor. Homosexuelle würden in der Bundeswehr nicht diskriminiert, sagte Harald Kujat, früherer Generalinspekteur.

Die Ministerin hält in ihrer Rede dagegen, indem sie Beispiele nennt: Da wäre der Fallschirmjäger, der seine Homosexualität verheimlicht, weil er befürchtet, von den Kameraden als Weichei verspottet zu werden. Und da wäre die lesbische Soldatin, die ihren Sohn wegen eines Kita-Streiks mit in die Kaserne bringt, und der Vorgesetzte sagt: In ihrer Lebenssituation können sich Kinder doch nicht vernünftig entwickeln. Von der Leyen wirbt für Respekt für alle Soldaten. „Wer sich nicht outen kann, unterdrückt seine Gefühle, hat Angst, und Angst lähmt.“

Und auch der jüngste Bundeswehrskandal zeigt, dass es zumindest in Teilen der Truppe noch Nachholbedarf gibt: In der Staufer-Kaserne in Pfullendorf gab es Aufnahmerituale, bei denen Soldaten misshandelt wurden. Von der Leyen nutzt den Fall geschickt für ihre Ziele: „Die aktuellen Ereignisse in Pfullendorf haben gezeigt, dass wie wir miteinander in der Bundeswehr umgehen, kein Randthema ist.“