Brüssel . EU-Kommissar Oettinger entschuldigt sich im Parlament für „Schlitzaugen“-Rede

Es ist ein freudloser Jahresauftakt für Günther Oettinger – Beförderung fühlt sich normalerweise anders an. Seit dem Jahreswechsel ist der deutsche Kommissar, bislang in der EU-Zentrale zuständig für die digitale Welt, neuer Ressortchef für Haushalt und Personal. Überdies soll er auf einen der Vizeposten von Amtschef Jean-Claude Juncker aufrücken. Doch der Karriereschritt ist weniger von Glückwünschen als von herber Kritik begleitet.

Am Montag musste der einstige baden-württembergische Ministerpräsident den Abgeordneten des EU-Parlaments Rede und Antwort stehen. Und die wollten nicht nur wissen, wie er sich die Finanzierung des EU-Haushalts vorstellt, vor allem wenn demnächst der wichtige Beitragszahler Großbritannien ausfällt. Sie interessierten sich auch für zwei Vorgänge, mit denen Oettinger im Herbst Anstoß erregte.

In einer Rede vor Hamburger Unternehmern ließ er seinem Hang zu flotten Sprüchen die Zügel schießen und schwadronierte von chinesischen „Schlitzaugen“ und „Pflicht-Homoehe“. Die Aufregung hatte sich noch nicht gelegt, da kam heraus, dass der Kommissar auf Kosten des Unternehmers und Kreml-Freundes Klaus Mangold zu einem Treffen mit Ungarns Premier Orban geflogen war.

Erneut setzte es Vorwürfe: Oettinger habe gegen die Verhaltensvorschriften verstoßen, die Kommissaren die Annahme substanzieller Geschenke untersagen und zur Offenlegung von Lobbykontakten verpflichten. Diesmal freilich stellte sich Amtsleiter Juncker eindeutig hinter seinen Mitarbeiter: Der Gratisflug sei keine Lobbygefälligkeit gewesen, sondern die einzige, überdies von der ungarischen Regierung organisierte Möglichkeit, rechtzeitig zu einem dienstlichen Termin nach Budapest zu kommen.

Die Kritik ist nicht verstummt. Eine Gruppe aus neun Abgeordneten der Grünen und der Linken hat in einem Schreiben an Juncker erklärt, Oettinger habe sich durch diese Äußerungen als Personalchef und Kommissionsvize disqualifiziert.

Oettinger hatte sich bei den Parlamentariern vorab schriftlich für den Auftritt in Hamburg entschuldigt. „Es war und ist nicht meine Absicht, irgendjemanden mit Bemerkungen zu verletzen“, sagte er dann auch noch einmal am Montagabend bei der Anhörung. „Ich bedauere diese Ausdrücke von damals ausdrücklich.“ Damit gaben sich die meisten Fragesteller in der Brüsseler Anhörung zufrieden – zumal das Parlament in diesem Fall ohnehin keine rechtliche Handhabe hat.