Seeon. Herrmann will Gefährder so lange in Haft halten, bis sie das Land wieder verlassen haben

Das Risiko von Terroranschlägen durch den „Islamischen Staat“ (IS) könnte nach der Analyse des Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes, Bruno Kahl, sogar noch steigen. Auf der CSU-Klausur in Kloster Seeon sagte er am Donnerstag nach Angaben von Teilnehmern, die Anti-IS-Koalition sei zwar erfolgreich. So habe die Terrororganisation im Irak etwa die Hälfte und in Syrien 30 Prozent ihres Gebietes verloren. Doch je größer die Verluste, desto wichtiger seien für den IS Anschläge, sie würden den Zusammenhalt stärken. Kahl versicherte, sein Geheimdienst habe alle ihm vorliegenden Informationen über den Berliner Attentäter Anis Amri an die Sicherheitsbehörden weitergeleitet.

Der Fall Amri hat laut dem CSU-Innenpolitiker Stephan Mayer „wie unter dem Brennglas offenbart, wo die Defizite liegen“. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte, abgelehnte Asylbewerber, die ausreisepflichtig seien und wie Amri als gefährlich eingestuft würden, so lange in Haft zu halten, bis sie das Land verlassen hätten. Er sagte dieser Zeitung, der Freiheitsentzug sei in solchen Fällen rechtsstaatlich vertretbar, weil der Betroffene die Heimreise antreten könne. „Er hat jederzeit eine offene Tür“, sagte Herrmann und verwies auf das Flughafenverfahren.

Forderung nach längerer Abschiebehaft

Schon heute werden an den Flughäfen Asylbewerber festgehalten, die keine oder gefälschte Papiere haben – sie können jederzeit die Rückreise antreten. „Wir müssen die Möglichkeit schaffen, in Zukunft auf jeden Fall jemanden länger in Abschiebehaft zu halten“, forderte Herrmann. Das könne nicht davon abhängig sein, „ob das jeweilige Herkunftsland, innerhalb der nächsten Wochen Ausreisepapiere zur Verfügung stellt“.

Herrmann begrüßte, dass der Bund sich bei den Abschiebungen mehr engagieren wolle. Es bestehe aber „überhaupt kein Anlass“, die Sicherheitsarchitektur durcheinanderzubringen, sagte er zur jüngsten Initiative von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Dieser hatte die alleinige Kompetenz des Bundes für den Verfassungsschutz gefordert. Herrmann sagte, Bundeskrimimalamt und das Bundesamt für Verfassungsschutz hätten ihm versichert, dass die Zusammenarbeit mit den bayerischen Behörden hervorragend sei. „Wenn das aus der Sicht des Bundes nicht bei allen Ländern so ist, dann sollte man Ross und Reiter nennen, aber nicht die ganze Struktur infrage stellen.“

Wie groß die Kluft zwischen Gesetz und Praxis ist, machte der Direktor der Grenzschutzbehörde Frontex, Fabrice Leggeri, deutlich: 43 Prozent der Menschen ohne Bleiberecht würden nicht zurückgeführt, sagte Leggeri.