Berlin. Rechtsradikale fliegen raus, behauptet die AfD. Zu sehen ist davon bis jetzt wenig

„Wir haben diese Entscheidung von Anfang an erwartet“, sagt Rolf Müller, der Sprecher des Landesverbands der AfD im Saarland. Am Wochenende war bekannt geworden, dass der Saar-Verband nicht aufgelöst wird. Das entschied das Bundesschiedsgericht der AfD – gegen den Willen des Parteivorstandes. Der hatte im März beschlossen, dass der Verband wegen enger Verbindungen des Vorsitzenden Josef Dörr und seines Stellvertreters Lutz Hecker zu rechtsextremen Gruppen aufgelöst werden soll.

„Das Gericht fand es unverhältnismäßig, wegen Vorwürfen gegen Einzelne den ganzen Landesverband aufzulösen“, so Müller. Dörr und Hecker, gegen die jeweils noch individuelle Ausschlussverfahren laufen, bleiben vorerst im Amt.

Die AfD ringt seit Langem um die Abgrenzung zu offen rechtsextremen Parteien und Gruppierungen, ein Ins­trument sind dabei Parteiausschlussverfahren. Doch bis jetzt ist kein Fall bekannt, bei dem jemand tatsächlich die Partei verlassen musste. Hajo Funke, emeritierter Politikwissenschaftler der Freien Universität Berlin, glaubt nicht, dass das Zufall ist: „Die Schiedsgerichte sind in der Regel in der Hand des radikalen Flügels. Damit können sie Ausschlussentscheidungen blockieren.“

Die Liste der zu entscheidenden Fälle ist lang: In Hamburg soll Ludwig Flocken aus der Partei geworfen werden, der von Gegendemonstranten bei einem Pegida-Ableger als „neuer SA“ sprach. Auch gegen seinen Parteikollegen Björn Neumann, der vor dem Eintritt in die AfD Mitglied der DVU und NPD-Kandidat war, läuft ein Verfahren. Der Berliner Verband versucht den Abgeordneten Kay Nerstheimer loszuwerden, der Homosexuelle auf Facebook als „degeneriert“ bezeichnete und Flüchtlinge als „Parasiten“. In Stuttgart hatte der Streit um den Abgeordneten Wolfgang Gedeon und seine antisemitischen Schriften sogar zur vorübergehenden Spaltung der Landtagsfraktion geführt.

Einige der Verfahren, wie die gegen Nerstheimer oder Gedeon, sind erst wenige Monate alt, andere ziehen sich seit eineinhalb Jahren hin. Gedeon, Flocken und Nerstheimer sind mittlerweile nicht mehr Mitglieder ihrer jeweiligen Landtagsfraktion. Doch die Partei wirklich verlassen mussten sie, ebenso wenig wie die anderen Genannten, bisher nicht.