Erfurt/Hamburg.

Bei einem bundesweiten Polizeieinsatz am frühen Dienstagmorgen sind insgesamt zwölf Wohnungen und eine Gemeinschaftsunterkunft durchsucht worden. Die Maßnahmen richteten sich gegen 14 Tschetschenen aus Russland. Es geht unter anderem um den Verdacht der Terrorismusfinanzierung. Festnahmen gab es allerdings vorerst keine.

Neben mehreren Orten in Thüringen, Dortmund sowie den Großräumen Leipzig und München war auch Hamburg Schauplatz eines Polizeieinsatzes. In Billstedt überprüften Ermittler des Landeskriminalamtes in Thüringen die Wohnung eines Asylbewerbers. Dabei wurden keine Personen festgenommenen, zu möglichen Sicherstellungen wollten die Behörden keine Angaben machen. Die Hamburger Polizei war über den Einsatz informiert, es waren aber keine örtlichen Beamten beteiligt. Das thüringische LKA sah offenbar keinen Grund für eine akute Gefahr – auf den Einsatz eines Sonderkommandos wurde verzichtet. In diesem Fall hätten auch die Hamburger Behörden eigene Beamte als Begleiter eingesetzt.

Am Nachmittag teilte die Staatsanwaltschaft in Gera mit, dass Geld für Terroraktivitäten ins Ausland transferiert werden solle: „Wir untersuchen, ob Gelder ins Ausland geleitet wurden, um terroristische Vereinigungen zu finanzieren“, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Jens Wörmann. Zur Höhe der Beträge machte er mit Verweis auf das laufende Verfahren keine Angaben.

Im Zentrum der groß angelegten Einsätze stand zunächst ein 28-jähriger Tschetschene aus Russland. Gegen ihn ermittelt die Staatsanwaltschaft Gera seit der zweiten Jahreshälfte 2015 wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Er soll beabsichtigt haben, sich der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) in Syrien anzuschließen und habe ausreisen wollen. Eine konkrete Anschlagsgefahr hätten die Ermittlungen bislang nicht ergeben.

Der Mann sei in Suhl angetroffen und nach den Vernehmungen durch die Polizei wieder auf freien Fuß gesetzt worden, sagte eine LKA-Sprecherin. „Es lag kein Haftbefehl vor.“ Wie der MDR berichtete, hätten die Einsatzkräfte sich am Dienstagmorgen mit Kettensägen und Stemmeisen Zutritt zu seiner Wohnung in einem Plattenbau verschafft. Schwere Schutzausrüstungen trugen die Beamten nicht. Es gab auch keine großflächigen Absperrungen.

Der Verdacht auf Sprengstoff in einer Unterkunft bestätigte sich laut LKA jedoch nicht. Ein weißes Pulver würde aber untersucht, die Substanz sei ungefährlich. Bei der Razzia sei umfangreiches Material beschlagnahmt worden, darunter Datenträger, Laptops, Telefone und Bankunterlagen.

Ermittelt wird auch gegen weitere 13 Beschuldigte, zehn Männer und drei Frauen zwischen 21 und 31 Jahren, wegen des Verdachts der Terrorismusfinanzierung. Bei allen Beschuldigten handele es sich um Asylbewerber, deren Aufenthaltsstatus bislang nicht abschließend geklärt ist. Gründe für eine Inhaftierung lagen laut Staatsanwaltschaft bei keiner der Personen vor. Sie seien lediglich auf die Polizeidienststelle mitgenommen, befragt und teilweise im Laufe des Tages wieder entlassen worden.

Wann die Ermittlungen abgeschlossen sein werden, konnte das LKA zunächst nicht sagen. So viel jedoch wurde deutlich: Thüringen war der Schwerpunkt der Razzien. Demnach gab es allein in dem Bundesland Einsätze in Arnstadt, Suhl, Jena, Leinefelde, Hildburghausen, Schmalkalden und Weimar. Allein in Jena hielten sich die Ermittler mehrere Stunden in einer Wohnung
auf.

Insgesamt waren 400 Spezialkräfte im Einsatz, mehrere Landespolizeien wurden beteiligt. Der thüringische Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) bedankte sich bei den Einsatzkräften für die „erfolgreiche Zusammenarbeit“.

Es war bereits der zweite große Anti-Terror-Einsatz der deutschen Sicherheitsbehörden im Oktober – nach der Festnahme des Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr, der sich später in
seiner Leipziger Gefängniszelle das Leben nahm.