Berlin.

Mit Blick auf den Beginn der systematischen Juden-Deportationen durch die Nazis vor 75 Jahren hat Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) zu Engagement gegen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit aufgerufen. Die Demokratie allein mache nicht immun gegen Extremismus und Faschismus, sagte er am Mittwoch bei einer Gedenkstunde am Berliner Mahnmal „Gleis 17“. „Darum sind solche Gedenkveranstaltungen so wichtig – nicht nur, weil sie Respekt vor den Opfern zum Ausdruck bringen, sondern auch die Verantwortung, die sich daraus für die Zukunft ergibt.“

Vom Gleis 17 am Bahnhof Grunewald war am 18. Oktober 1941 der erste Berliner „Osttransport“ mit mehr als 1000 jüdischen Männern, Frauen und Kindern losgefahren. Allein aus Berlin wurden von 1941 bis 1945 bis zu 56.000 Juden in Gettos und Konzentrationslager im Osten verschleppt. Deutschlandweit waren es mindestens 130.000 Menschen. Die wenigsten überlebten.

Der Zeitzeuge Horst Selbiger nannte in einer bewegenden Rede die Namen der sechs Babys, die zu dem ersten Berliner Transport gehörten und 1942 ermordet wurden. „Sechs für sechs Millionen Juden, ermordet, geschlachtet, verhungert, erschlagen, verbrannt, umgekommen durch die Hände der deutschen Mörder und ihrer Helfer“, sagte der 88-Jährige. „Bitte kämpfen Sie mit mir dafür, dass solche industriellen Kindermorde nie wieder geschehen können.“ Der 1928 in Berlin geborene Horst Selbiger beendete seine Rede mit den Worten: „Faschismus ist keine Meinung. Faschismus ist ein Verbrechen.“

„Gleis 17“ ist seit 1998 ein Mahnmal. Auf chronologisch angeordneten gusseisernen Platten am Bahnsteig ist jeder einzelne der 184 Berliner Transporte mit der Zahl der Deportierten und dem Zielort dokumentiert. Zahlreiche Menschen legten zum Ende der Gedenkveranstaltung weiße Rosen auf das Gleis.