Bangkok/Manila. Der philippinische Präsident ist bekannt für seine verbalen Ausfälle. Jetzt vergleicht er sich selbst mit Hitler und würde gern drei Millionen Süchtige und Dealer töten

Rodrigo Duterte schaffte es wieder einmal, die Welt zu schockieren – und sich mit Adolf Hitler zu vergleichen. „Hitler massakrierte drei Millionen Juden. Wir haben drei Millionen Drogenabhängige. Ich wäre glücklich, wenn ich sie massakrieren könnte“, tönte der 72-jährige Präsident der Philippinen Rodrigo Duterte. Kein Vergleich erscheint dem vor drei Monaten demokratisch gewählten Staatsoberhaupt zu gewagt oder unpassend.

Doch mit seinem neuesten skandalträchtigen Spruch entlarvte sich Duterte selbst. Denn offenbar hat er keine Ahnung, wovon er redet. Dem Holocaust fielen mindestens sechs Millionen Juden zum Opfer. Auch bei der Zahl der Drogennutzer in seinem eigenen Land liegt er falsch. Experten und Regierungsbehörden schätzen sie auf insgesamt 1,8 Millionen Filipinos.

Inzwischen ist ihre Zahl um etwa 3000 Tote geschrumpft. Todesschwadrone, von der Polizei angeheuerte Killergangs und die Polizei selbst töteten sie seit der Amtsübernahme von Duterte vor drei Monaten. Das Staatsoberhaupt wendet trotz aller ausländischen Proteste und gegen alle Einwände lokaler Menschenrechtler weiter die Methoden an, die er als Bürgermeister der Stadt Davao auf der Insel Mindanao perfektionierte: Staatlich organisierter Mord.

„Wir sind nicht in der Lage, alle Fälle zu untersuchen, die an uns herangetragen werden“, klagt ein Mitglied der ursprünglich von der früheren Präsidentin Corazon Aquino ins Leben gerufenen Commission on Human Rights (CHR), „uns fehlen die Mittel.“ „Dirty Duterte“, so einer seiner vielen Spitznamen, zeigt in der Öffentlichkeit allenfalls Verachtung für seine Kritiker.

US-Präsident Barack Obama sagte verschnupft ein Treffen mit dem 72-jährigen Ex-Bürgermeister ab, nachdem er ihn als „Hurensohn“ beleidigt hatte. Das US-Verteidigungsministerium ließ verlauten, man pflege weiter eine in Eisen geschmiedete Allianz mit den Militärs des südostasiatischen Inselstaats, obwohl Duterte das Ende gemeinsamer Militärmanöver der USA und den Philippinen, Washingtons früherer Kolonie, angekündigt hatte.

„Ihr in den USA, Europa,“ tönte Duterte in Manila, „ich war wenigstens nie ein Heuchler wie ihr. Ihr lasst die Flüchtlinge aus dem Nahen Osten verrotten und dann regt ihr euch über 1000, 2000 oder auch 3000 Tote auf?“ Die manchmal ekelerregenden, nahezu immer atemberaubenden Verwünschungen, Flüche und Beleidigungen klingen für seine Anhänger so schlüssig, dass der weiterhin populäre Präsident offen für die Wiedereinführung der Todesstrafe plädieren kann. Er „gestattete“ der Regierung in Indonesien gar, eine wegen Drogenhandel verurteilte philippinische Drogenkurierin hinzurichten.

Während der vergangenen Tage zeigte sich, dass Dutertes vermeintlicher Wahnsinn eiskalt kalkulierte Methode ist. Als auf der Liste der angeblichen Drogenhändler auf den Philippinen Freunde des Präsidenten auftauchten, lies Duterte die Aufstellung schleunigst überprüfen. Ein chinesischstämmiger Drogentycoon im Gefängnis wiederum bezahlte seine Weigerung, sich in die Dienste Dutertes zu stellen, mit dem Leben. Er wurde erstochen, nachdem er nicht gegen die Menschenrechtlerin und gewählte Senatorin Leila de Lima aussagen wollte. Sie leitet einen Untersuchungsausschuss zu den außergerichtlichen Tötungen, die seit Dutertes Amtsantritt eine Spur des Terrors durch die Elendsviertel der Philippinen ziehen. Der Präsident beschuldigte de Lima umgehend, ein Liebesverhältnis mit ihrem Chauffeur zu pflegen und Verbindungen zu Drogenkartellen zu unterhalten. Einer der Kronzeugen für die Anschuldigungen Dutertes war der Drogentycoon, der nicht aussagen wollte und deshalb sterben musste. Beobachter gehen davon aus, dass die Botschaft des Präsidenten hinter den Gefängnismauern angekommen ist: Wer nicht gehorcht, muss sterben im Land des Präsidenten Duterte.