Berlin.

Die Opposition hat Innenminister Thomas de Maizière im Streit über medizinische Atteste für abgelehnte Asylbewerber der Unwahrheit bezichtigt und ihn zum Rücktritt aufgefordert. Auch vom Koalitionspartner SPD kam am Donnerstag im Bundestag scharfe Kritik. Der Minister selbst bedauerte, dass er eine statistisch nicht gedeckte Zahl in die Welt gesetzt hatte. „Sie sind als Innenminister für diese Republik aus meiner Sicht nicht mehr tragbar“, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt in einer von ihrer Partei einberufenen Aktuellen Stunde im Bundestag. „Tun Sie uns und dem Land den Gefallen, treten Sie zurück.“ Linke-Fraktionsvize Jan Korte sagte, de Maizière sei in bewegten Zeiten der „denkbar unpassendste Innenminister, den man sich nur vorstellen kann“.

Anlass sind Äußerungen de Maizières aus der vergangenen Woche, wonach Ärzte zu viele Atteste ausstellten, mit denen abgelehnte Asylbewerber eine Abschiebung umgehen. Es könne nicht sein, dass 70 Prozent der Männer unter 40 Jahren vor einer Abschiebung für krank und nicht transportfähig erklärt würden, hatte de Maizière gesagt. Die Zahl war breit angezweifelt worden. Auch die Ärzte hatten sich vehement gegen die Vorwürfe gewehrt.

De Maizière räumte ein, bei der Zahl von 70 Prozent habe es sich um keine offizielle Statistik gehandelt, sondern um einen „Erfahrungswert“ aus Gesprächen zu dem Thema. „Ja, ich hätte diesen Prozentsatz so nicht nennen sollen“, sagte der Minister. Er habe die Aussage bereits zurückgenommen. Allerdings sei es Tatsache, dass es bei Abschiebungen Probleme gebe, unter anderem „mit merkwürdig hohen Krankenständen“ unter abgelehnten Asylbewerbern. Durch Leugnen oder Kleinreden „löst man die Probleme nicht.“