Berlin. Heute protestiert die islamfeindlicheBewegung wieder in Dresden. Viel Kraft hat sie nicht mehr

Es ist acht Minuten vor Mitternacht, die letzten Momente des 13. Juni, als die Selbstzerfleischung ihren Weg nach draußen findet, in den Löwenkäfig der sozialen Netzwerke. Es ist der Zeitpunkt, an dem Edwin Wagensveld, in der Szene nur „Ed, der Holländer“ genannt, auf den Mausknopf am Computer drückt. Und auf Facebook einen giftigen Kommentar postet.

Die Leute von „Pegida“ hätten ihre Frontfrau Tatjana Festerling fertiggemacht, sie eine „spaltende Selbstdarstellerin“ genannt. „Eine Tirade aus Lügen, Unterstellungen und Verleumdungen folgte.“ Festerling, einst Hamburger AfD-Politikerin, habe ein Redeverbot bekommen, sei von der Bühne gejagt und aus dem Verein ausgeschlossen worden. Wagensveld, Mitstreiter im islamfeindlichen Bündnis der „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“, nennt keinen Namen. Doch klar ist: Gemeint ist Pegida-Gründer Lutz Bachmann.

Bachmann und Co. schießen zurück in Richtung Festerling, auch über Facebook. Die habe sich nicht an Grundsätze des Vereins gehalten, keine Absprachen getroffen, auf eigene Faust agiert – und werde erst jetzt vom „Orga-Team“ von Pegida ausgeschlossen. Einen Tag später reagiert Festerling. Ihre Facebook-Überschrift: „Bachmann lügt“.

Drei Tage, drei Veröffentlichungen aus dem Inneren der Bewegung, darunter jeweils Hunderte Kommentare von Pegida-Anhängern und Gegnern. Das Bündnis trägt Wut und Hetze von ihrer Dresdner Bühne ins Internet. Es wird beleidigend, verschwörerisch. Wer arbeitet für den Verfassungsschutz? Wo landen die Spendengelder, die Pegida Montag für Montag sammelt? Es tritt nach außen, was sich seit einigen Monaten abzeichnet: Pegida ist zerstritten, mal wieder. Lutz Bachmann und Tatjana Festerling standen lange gemeinsam auf der Bühne. Nun ist der Bruch da.

Überraschend kommt der Niedergang des Bündnisses für Experten nicht. „Fragen mancher Bürger werden immer wieder nur mit Wut beantwortet, aber nicht mit einem neuen politischen Konzept. Das nutzt sich ab“, sagt der Berliner Rechtsextremismusforscher Hajo Funke dieser Redaktion. Dem Bündnis fehle es zudem an einer Führungsfigur, „die genug politische Erfahrung, Kompetenz und Charisma besitzt, um die ganz unterschiedlichen Akteure zu einer Bewegung zu binden“. Es kommen zudem kaum noch Flüchtlinge in Deutschland an. Pegida verliert ein wichtiges Motiv für ihre fremdenfeindliche Mobilisierung. Der Dresdner Politologe Werner Patzelt sagt: „Über viele Monate war der Kampf gegen Pegida quasi erste Bürgerpflicht. Das hat die Bewegung zusammengehalten.“ Nun sei dieser Außendruck weg. „Pegida sackt zusammen wie der Turm einer Sandburg, den niemand mehr zusammenhält.“