Berlin. Angriffe auf Flüchtlingsheime haben sich im vergangenen Jahr verfünffacht – die Aufklärungsquote bleibt jedoch gering

    Die Flüchtlingskrise hat zu einer Polarisierung der Gesellschaft geführt. Eine Folge: Die sogenannte politisch motivierte Kriminalität ist „geradezu explodiert“, wie Innenminister Thomas de Maizière (CDU) am Montag in Berlin beklagte. 2015 nahm sie um 19,2 Prozent auf 38.981 Straftaten zu. Es ist der höchste Wert seit 2001 – seit sie statistisch erfasst werden. Darunter waren 22.960 rechtsmotivierte Delikte (plus 34,9 Prozent) und 9605 linksmotivierte Straftaten (plus 18,3 Prozent).

    Die Zahl der Angriffe auf Asylunterkünfte hat sich von 199 auf 1031 mehr als verfünffacht. „Auch das hat es in dieser Form noch nicht gegeben“, so de Maizière. Eine Entspannung sei nicht zu erwarten. Im ersten Quartal 2016 zählten die Behörden schon wieder 347 solcher Attacken. Die Kriminalitätsstatistik, die de Maizière und der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, der Saarländer Klaus Bouillon (CDU), vorstellten, stand im Zeichen der Flüchtlingskrise. Die Fakten:

    Illegale Einreisen

    2015 gab es 402.741 ausländerrechtliche Verstöße gegen das Aufenthalts- oder Asylrecht, kurz gesagt: illegale Einreisen. Sie machten 6,4 Prozent aller Straftaten aus. Davon abgesehen, liegt die Zahl der Straftaten mit 5,927 Millionen auf dem Niveau der Vorjahre.

    Angriffe auf Flüchtlingsheime

    Von den Angriffen auf Asylantenheime waren neun von zehn rechtsmotiviert. Die Polizei verzeichnet vier versuchte Tötungsdelikte (2014: 1), 60 Körperverletzungen (13), 94 Brandstiftungen (sechs) und acht Sprengstoffdelikte (vier). Gerade der Anstieg der Brandanschläge von sechs auf 94 ist extrem. Die Täter sind überwiegend männlich, 18 bis 30 Jahre alt, leben im Umkreis von 20 Kilometern vom Tatort und waren zu 44 Prozent vorher noch nie polizeilich aufgefallen. Die Aufklärungsquote liegt bei 26 Prozent.

    Mehr Hasskriminalität

    Fremdenfeindliche Straftaten im Bereich Hasskriminalität legten um mehr als 116 Prozent zu. Angriffe auf bestimmte Gruppen, etwa religiöse, stiegen um fast 60 Prozent.

    Gewalt von links und rechts

    Die allgemeine Gewaltkriminalität liegt unverändert hoch bei 181.386 Straftaten. In der rechten und linken Szene ist sie allerdings erneut um 30 Prozent auf 4400 Fälle gestiegen.

    Aufklärungsquote

    Die Aufklärungsquote ist am schlechtesten bei Diebstählen, bei Wohnungseinbrüchen beträgt sie 14,1 Prozent. Tötungsdelikte werden zu 94,8 Prozent aufgeklärt. Die zwei Millionen Tatverdächtigen sind zu 75 Prozent Männer. 27 Prozent sind Ausländer (555.820 nach 492.610 im Jahr 2014). Bei sexuellem Missbrauch von Kindern, Sachbeschädigung, Wirtschaftskriminalität und Rauschgiftdelikten überwiegen deutsche Täter.

    Dauerproblem: Einbrüche

    41,9 Prozent aller Straftaten sind Diebstahlsdelikte. „Besondere Sorge“ bereitet de Maizière die Zahl der Wohnungseinbrüche, die 2015 um 9,9 Prozent (167.136 Fälle) zulegte. Als Täter kämen vor allem zwei Gruppen infrage: Zufallskriminelle sowie internationale Banden, vor allem aus Bulgarien, Rumänien und Georgien.

    Erfolge und Misserfolge

    Einen Zuwachs gibt es bei Ladendiebstahl (plus 7,1 Prozent auf 391.402 Fälle) und Taschendiebstahl (plus sieben Prozent auf 168.142 Fälle) – abgenommen haben Sachbeschädigung (minus vier Prozent auf 577.017 Fälle) und Wirtschaftskriminalität (minus 3,5 Prozent). Auch Sexualdelikte und Jugendkriminalität sind rückläufig.