Berlin. Fast 20 Jahre lang wurde um den Bau des Berliner Denkmals gerungen. Jetzt hat der Haushaltsausschuss das Projekt gestoppt.

Es war so eine schöne Idee: Eine begehbare Wippe sollte vor dem Berliner Schloss an die Deutsche Einheit erinnern. Wenn sich nur genügend Besucher an einer Seite zusammenfänden, könnten sie gemeinsam den mächtigen, goldschimmernden Koloss in Bewegung versetzen – nach dem Motto der friedlichen Revolution in der DDR „Wir sind das Volk. Wir sind ein Volk“. Vor neun Jahren hat der Bundestag das Projekt feierlich beschlossen. Und nun soll alles nicht mehr gültig sein. Union und SPD haben im Haushaltsausschuss gemeinsam erreicht, dass das Denkmal nach zahllosen Schwierigkeiten, Verzögerungen und Mehrkosten gestoppt wird.

„Es ist Zeit, die Reißleine zu ziehen“, sagt der zuständige Berichterstatter Rüdiger Kruse (CDU). Und seine Berliner SPD-Kollegin Eva Högl bestätigt: „Besser jetzt Schluss als eine never-ending story.“ Am Mittwochnachmittag hat der Ausschuss über den Vorschlag entschieden und das Projekt gestoppt.

Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) warnte noch in letzter Minute vor dem Schritt. „Ein Stopp wäre eine Blamage für den Bundestag und eine Niederlage für Kulturstaatsministerin Monika Grütters“, sagte der 72-Jährige. Allerdings räumt auch er ein, dass das Projekt von Anfang an unter keinem guten Stern stand. So war 2009 ein erster Wettbewerb gescheitert, weil von den mehr als 500 Einsendungen keine für würdig befunden wurde. Ein zweiter Anlauf gestaltete sich mühsam – schließlich setzten sich die bekannte Berliner Choreographin Sasha Waltz und das Stuttgarter Architekturbüro Johannes Milla mit der gemeinsam entworfenen begehbaren Schale durch. Sie wurde gelegentlich als „Salatschüssel“ oder „Babywippe“ belächelt, doch viele Bürger freundeten sich mit der Idee eines Mitmach-Denkmals an.

Doch die wahren Probleme kamen erst. 2012 stieg Waltz aus dem Gemeinschaftsprojekt aus. Zudem barg der Bauplatz, der Sockel des einstigen Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmals, ungeahnte Überraschungen: Ein dort lebendes Völkchen seltener Fledermäuse musste erst eine neue Heimat bekommen. Wiederentdeckte wilhelminische Mosaike sollten auf Drängen der Denkmalschützer ausgebaut und gerettet werden. All das führte zu einer Verzögerung von inzwischen fünf Jahren. Die Kosten stiegen einem Bericht des Finanzministeriums zufolge von zehn auf fast 15 Millionen Euro.

Architekt Milla hält die Zahl für extra hochgerechnet. „Von einer Erhöhung der Baukosten um fünf Millionen Euro oder einer Kostenexplosion haben wir keine Kenntnis“, sagte er. „Durch unser Konzept sind keine Mehrkosten entstanden.“ Irritiert ist er auch, dass der Ausschuss ihn offenbar vor vollendete Tatsachen gestellt hat – er sei von den Plänen völlig überrascht worden. Ohnedies dürften die Abgeordneten nun einige Scherben aufzukehren haben. Angesichts der vielen Denkmäler zu den dunkelsten Zeiten der deutschen Vergangenheit in Berlin hätte sich mancher auch eine fröhliche Erinnerung an den Mut und Erfolg von 1989 gewünscht.