Berlin.

Die Briten wollen möglicherweise die Europäische Union (EU) verlassen – und viele Menschen fragen sich: Geht das überhaupt? Tatsächlich haben die früheren EU-Verträge weder einen Austritt noch einen Ausschluss aus der EU vorgesehen. Erst mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009 wurde die Möglichkeit zum Austritt aus der EU geschaffen. „Jeder Mitgliedstaat kann im Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften beschließen, aus der Union auszutreten“, heißt es in Artikel 50 des 274 Seiten starken Vertrages.

Die Union handelt dann mit diesem Staat das Abkommen über den Austritt sowie dessen künftige Beziehungen mit der EU aus. Aufgrund der engen Verflechtung könnte dies z. B. eine weitere Teilnahme am Binnenmarkt sein – was Großbritannien durchaus begrüßen würde. Nach einem Austritt kann ein Staat erneut die EU-Mitgliedschaft beantragen. Die Austrittsklausel kann auch bei künftigen Vertragsrevisionen eine Rolle spielen: Lehnt ein EU-Mitglied eine Vertragsreform ab, kann es aus der EU austreten, ohne die Reformen zu blockieren. Da ein Austritt aber freiwillig ist, ist fraglich, ob dieses Land tatsächlich austreten würde, da die Kosten eines Austritts die Vorteile einer Mitgliedschaft überwiegen könnten.

Als bisher einziges Gebiet ist Grönland aus der EU (damals noch EG) ausgetreten. Grönland war 1973 noch als Teil Dänemarks in die EG gekommen. Die Bewohner Grönlands sprachen sich zwar stets gegen einen Beitritt aus, doch die damals rund 14.000 Stimmen der Insulaner gegen einen Beitritt fielen bei der gesamt-dänischen Abstimmung nicht ins Gewicht. Da die größte Insel der Welt nun Teil der EG war konnten europäische Flotten in ihren Gewässern fischen und Konzerne an Land nach Bodenschätzen graben. Am 1. Januar 1985 verließ das damals an Autonomie gewinnende Grönland die EU mittels Volksbefragung wieder.