Berlin.

Mehr als 1000 Kilometer liegen zwischen dem Kaspischen Meer und dem Bürgerkriegsgebiet in Syrien. Für Marschflugkörper ist diese Entfernung in kurzer Zeit zu überwinden. Vor wenigen Tagen hat die russische Armee aus dieser großen Distanz heraus erstmals in Syrien eingegriffen: Kriegsschiffe feuerten Raketen ab, die quer über die Nachbarländer Iran und Irak in Richtung der syrischen Stadt Aleppo flogen. Unabhängig davon sind über Syrien Kampfflugzeuge aus Russland und den USA unterwegs.

Bei Fluggesellschaften und Luftfahrtorganisationen sorgen die zwei Raketen für Nervosität. Quer über den Iran verläuft eine wichtige internationale Flugroute. Hier verkehren die Maschinen aller großen Gesellschaften zwischen Europa und den Drehkreuzen Dubai, Abu Dhabi oder Katar.

Zwar bewegten sich die russischen Raketen nur in einer Höhe von wenigen hundert Metern. Verkehrsflugzeuge dagegen fliegen in mehr als zehn Kilometer Höhe. Doch der Abschuss des malaysischen Verkehrsflugzeugs über der Ukraine vor mehr als einem Jahr hat gezeigt, dass zivile Maschinen auch in dieser Höhe nicht sicher sind vor militärischen Flugkörpern.

Für die europäische Luftfahrtsicherheitsbehörde EASA waren die zwei russischen Raketen Grund genug, eine Sicherheitsinformation für die beiden Länder Irak und Iran herauszugeben. Doch nicht alle Fluggesellschaften halten sich daran. Eine Sprecherin von Air Berlin zum Beispiel sagte: „Wir haben keine Veranlassung, unsere Flugrouten nach Abu Dhabi zu ändern. Die Strecke führt über die Türkei und den Iran.“ Über Syrien, den Irak oder das Kaspische Meer fliege Air Berlin nicht. „Wir stehen im engen Austausch mit den Behörden, was die Sicherheit im Luftraum betrifft“, sagte die Sprecherin. Auch die Fluglinien Qatar Airways, Emirates und British Airways nutzen weiter den Luftkorridor über dem Iran.

Die Lufthansa fliegt jetzt einen Umweg

Die Lufthansa dagegen fliegt einen Umweg nördlich über Turkmenistan, das zeigt die Internetseite „Flightradar“. Auch Air France und Singapore Airlines meiden inzwischen den Iran.

Theoretisch könne die Sicherheitsbehörde EASA sogar Flugverbote veranlassen, sagte ein Sprecher. In der Regel befolgten die Airlines aber schon die Empfehlungen. „Deshalb haben wir diesen Weg gewählt“, erläuterte er den Grund für die mildere Variante.

Für den Luftraum über Syrien dagegen gilt ein echtes Flugverbot. Das Bundesverkehrsministerium hat es im Juli verhängt. Maschinen, die für deutsche Fluglinien unterwegs oder in der Bundesrepublik registriert sind, dürfen diesen Luftraum nicht nutzen. „Waffen, die eine Gefahr für Luftfahrzeuge darstellen können, sind in Syrien im Umlauf“, erklärte das Ministerium. Offiziell gilt das Verbot noch bis zum kommenden Sonntag. Möglicherweise wird es aber verlängert. Auch für den Jemen, Teile Libyens und den Südsudan gelten Flugverbote für deutsche Maschinen.

Im Gegensatz zum Iran und Irak liegen diese Länder jedoch nicht in einem Korridor, der Drehkreuze der Luftfahrt verbindet. Die Bedenken der deutschen Behörde scheinen internationale Fluglinien nicht zu teilen. Eine Maschine von Swiss etwa ist am Montag auf dem Weg von Zürich nach Nairobi über den Südsudan geflogen. Um eine Gegend machen so gut wie alle Airlines einen Bogen: um die Ostukraine. Und das, obwohl für das Land, das auf der Route nach Fernost liegt, kein Flugverbot gilt.