Berlin. Nach den Abgas-Manipulationen bei Volkswagen fordert Martin Schulz die schnelle Einführung von „Prüfverfahren, die nicht manipulierbar sind“.

. Im Skandal um manipulierte Abgaswerte hat der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, den Volkswagen-Konzern massiv angegriffen. „Das war ein Anschlag auf den Standort Deutschland, auf viele tausend Kunden und Arbeitnehmer“, sagte der SPD-Politiker dem Hamburger Abendblatt. „Ob Volkswagen, ob Deutschland verlorenes Vertrauen zurückgewinnt, entscheidet sich auch bei der Aufarbeitung des Skandals.“

Volkswagen hat von 2009 bis 2015 bestimmte Dieselmotoren mit einer Software manipuliert – so zeigten sie bei Tests bessere Abgaswerte an als im normalen Betrieb. Wegen der Abgas-Affäre musste bereits VW-Chef Martin Winterkorn zurücktreten. Betroffen sind weltweit elf Millionen Fahrzeuge. In zahlreichen Ländern laufen bereits Klagen gegen den Konzern, unter anderem in den USA.

Schulz rief dazu auf, „so schnell wie möglich Prüfverfahren einzuführen, die nicht manipulierbar sind“. Es müssten die tatsächlichen Emissions- und Verbrauchswerte ermittelt werden, und zwar auf der Straße und nicht im Labor, sagte der SPD-Politiker. „Es ist völlig klar, dass die Kontrollen schärfer werden müssen.“ Er habe „Zweifel an der Effektivität der Kontrollmechanismen“.

Zudem fordert Schulz eine schnelle Aufklärung des Skandals. Er appellierte an die Justiz, ohne Ansehen der Person die Schuldigen schnell zur Rechenschaft zu ziehen. Dann könne neues Vertrauen entstehen, sagte der EU-Parlamentspräsident. Schulz erinnerte daran, dass das Aktien- und Gesellschaftsrecht „eine Managerhaftung mit Privatvermögen“ vorsehe. Zugleich warnte er einzelne Volkswagen-Manager davor, Abfindungs-und Bonusforderungen an den Konzern zu stellen. Es sei „kaum zu fassen, was da mit Fahrlässigkeit und möglicherweise sogar krimineller Energie gemacht wurde“, sagte er.

Im Zuge des VW-Skandals warnte Schulz die Abgeordneten des Europaparlaments vor zu engen Kontakten mit Lobbyisten. „Jeder einzelne Abgeordnete muss wissen, was er tut und wo er sich seine Anregungen besorgt“, sagte Schulz. Wer dem Europaparlament angehöre, könne auf genügend Ressourcen zurückgreifen und müsse sich keine Gesetzesvorlagen von Unternehmen oder Verbänden schreiben lassen. „Mitglieder des Europäischen Parlaments haben die Pflicht, selbst zu arbeiten“, betonte der SPD-Politiker. Damit ging Schulz auf Berichte über Abgeordnete ein, die sich im Zusammenhang mit dem VW-Skandal Formulierungshilfe für Gesetzesvorlagen von der Industrie geholt hatten.

Allerdings relativierte Schulz auch den Einfluss von Lobbyisten auf die europäische Gesetzgebung. „Es gibt selbstverständlich Lobbyismus in Brüssel, sowohl von Industrie- als auch von Umweltseite. Das ist etwas ganz Normales“, sagte er. Die Behauptung, die Autolobby hätte sich bei den CO2-Grenzwerten einseitig durchgesetzt, sei allerdings nicht zu halten. Noch nie sei der Schadstoffausstoß von Fahrzeugen so drastisch gesenkt worden.