Berlin. Bund und Länder sollen finanziell schnell unterstützen. Nahles erwartet höhere Kosten für Hartz IV

Vor dem Hintergrund immer höherer Flüchtlingszahlen haben die Kommunen eine Reihe von Forderungen an Bund und Länder erhoben und eine schnelle Umsetzung angemahnt. „Die Kommunen dürfen nicht überfordert werden. Dafür ist schnelleres Handeln von Bund und Ländern nötig“, sagte die Präsidentin des Deutschen Städtetags, die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin Eva Lohse (CDU), dieser Zeitung. Nur so könnten die beschlossenen Maßnahmen vor Ort sehr bald greifen.

Lohse betonte, es sei „ein humanitäres Gebot“, Menschen aus Bürgerkriegsgebieten und politisch Verfolgte aufzunehmen. Bund, Länder und Gemeinden könnten dies gemeinsam leisten. Gleichwohl forderte Lohse mehr finanzielle Unterstützung: „Wir brauchen möglichst schnell eine deutlich höhere Kostenbeteiligung des Bundes – und zwar mit zusätzlichen Mitteln in Milliardenhöhe.“

Unterbringung und Betreuung der Flüchtlinge sei eine gesamtstaatliche Aufgabe. Die Städtetagspräsidentin verlangte, dass alle Länder ihren Kommunen die Ausgaben für Flüchtlinge „auf einem angemessenen Niveau“ erstatten sollten. Dies sei leider noch nicht überall der Fall: „Es gibt immer noch Länder, die nicht einmal 50 Prozent der Kosten übernehmen.“

Aus Sicht des Städtetages sollen die Flüchtlinge, die keine Chancen auf Anerkennung als Flüchtlinge und Asylbewerber haben, möglichst gar nicht erst in den Kommunen ankommen: „Die Städte müssen sich schnell auf die Menschen konzentrieren, die lange bei uns bleiben“, sagte Lohse. Menschen vom Westbalkan zum Beispiel, die nicht verfolgt werden, sollten in ihre Heimat zurückkehren. Der Bund müsse dafür Asylanträge schneller bearbeiten; die Länder müssten ihre Kapazitäten in den Erstaufnahmeeinrichtungen auf mindestens 150.000 Plätze erhöhen. „Alle Asylbewerber müssen würdig behandelt werden, doch nicht alle können ein Bleiberecht erhalten“, so Lohse.

Die Länder forderte die Präsidentin außerdem auf, mehr Lehrer zur Verfügung zu stellen: „Flüchtlingskinder unterliegen der Schulpflicht, sobald sie einer Kommune zugewiesen sind.“ Um sie zu betreuen, brauche es sozialpädagogisch geschultes Personal und zusätzlichen Schulraum.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) machte unterdessen deutlich, dass der Bund in den nächsten Jahren einen zweistelligen Milliardenbetrag aufwenden muss, um die Sozialausgaben für die Flüchtlinge und die Kosten der Integrationsprogramme zu decken. Allein für das kommende Jahr benötige ihr Ressort 1,8 bis 3,3 Milliarden Euro zusätzlich – für die Hartz-IV-Kosten anerkannter Asylbewerber, die noch keine Arbeit gefunden hätten, für Sprachkurse und für Qualifizierungsprogramme. Nahles erwartet nach ersten Gesprächen mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), dass sie zusätzliche Milliarden aus dem Bundeshaushalt erhält.

Allerdings sei mit steigenden Ausgaben zu rechnen, 2019 dürften Sozial- und Integrationsausgaben für Flüchtlinge ihr Ressort sieben Milliarden Euro extra kosten – dann dürfte es eine Million Menschen mehr geben, die ohne Arbeit Anspruch auf Hartz IV hätten. Ziel müsse es daher sein, dass aus Flüchtlingen schnell Steuer- und Beitragszahler würden. Dies sei für die Bundesagentur für Arbeit und die Jobcenter aber eine große Herausforderung. „Bei Weitem nicht alle arbeitsfähigen Flüchtlinge sind ausgebildete Fachkräfte, aber sie sind hoch motiviert und wollen arbeiten“, sagte Nahles.