Rom .

Räumt der Papst eine weitere konservative Position? Jetzt erlaubt Franziskus allen Priestern, Frauen anlässlich des bevorstehenden Heiligen Jahres ohne den sonst üblichen Amtsweg die Abtreibung zu vergeben. „Ich bin sehr vielen Frauen begegnet, die in ihrem Herzen die Narben dieser leidvollen und schmerzhaften Entscheidung trugen“, erklärte der Papst in einem Schreiben. „Die Vergebung Gottes für jeden Menschen, der bereut, kann diesem nicht versagt werden.“

Er kenne die Sachzwänge, die Frauen zu einem solchen Schritt trieben, nur zu gut, erklärte der Papst. „Ich weiß, dass es ein existenzielles und moralisches Drama ist.“ Die Priester sollten sich auf diese Aufgabe vorbereiten, und „Worte der echten Anteilnahme mit einer Reflexion zu verbinden wissen, die hilft, die begangene Sünde zu begreifen“.

Bisher Exkommunikation für Frau,Partner und Arzt vorgesehen

Eigentlich sieht die katholische Kirche die Exkommunikation für jene vor, die eine Abtreibung vorgenommen haben: Nicht nur die Frau selbst, sondern auch der Abtreibungsarzt und der Partner, wenn er die Frau zur Abtreibung gedrängt hat, sind automatisch vom Empfang der Sakramente – auch des Bußsakraments – ausgeschlossen. Diese Tatstrafe kann normalerweise nur der Bischof oder ein von ihm beauftragter Priester nachlassen. Erst danach kann die Frau zur Beichte gehen.

Nach dem Kirchenrecht kann in Einzelfällen allerdings auch jetzt schon ein Priester im Beichtstuhl den Strafnachlass gewähren und die Absolution ohne vorherigen Amtsweg erteilen. Rein rechtlich müsste sich die Frau dann allerdings nachträglich noch einmal vom Bischof bestätigen lassen, dass sie nicht mehr exkommuniziert ist.

Franziskus kündigte auch eine Annäherung an die umstrittene erzkonservative Pius-Bruderschaft an, der unter anderem Antisemitismus vorgeworfen wird. Er bestimme, „dass diejenigen, die während des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit das Sakrament der Versöhnung bei den Priestern der Bruderschaft St. Pius X. empfangen, gültig und erlaubt die Lossprechung von ihren Sünden erlangen“.

Das Heilige Jahr beginnt am 8. Dezember und endet am 20. November 2016. Zu dem Ereignis werden Millionen Pilger in Rom erwartet. In der Zeit können Gläubige mit Gebet und Buße den Ablass ihrer Sünden erreichen. Bereits 2013 hatte Franziskus in der Zeitschrift „Civiltà Cattolica“ um Vergebung für Frauen gebetet, die abgetrieben haben. Vatikansprecher Lombardi sagte, die Entscheidung des Papstes wolle die Schwere der Sünde, die eine Abtreibung darstelle, nicht abschwächen. Die Priester müssten den betroffenen Frauen auch weiterhin vermitteln, dass es sich um einen schwerwiegenden Verstoß handele. (dpa)