Berlin. Chef des Stabilitätsfonds ESM zieht eine betont positive Bilanz zur Lage in Griechenland. Neuwahlen am 20. September

Klaus Regling ist niemand, der groß im Licht der Öffentlichkeit steht. Wenn er in Berlin in einem Restaurant am Gendarmenmarkt mittags ein Wiener Schnitzel isst, erkennt ihn kein Passant. Dabei ist Regling ein durchaus mächtiger Mann.

Der 64-Jährige ist Chef des europäischen Stabilitätsfonds ESM, besser bekannt als Euro-Rettungsfonds. Regling saß also mit am Verhandlungstisch, als die Euro-Finanzminister das jüngste Rettungspaket für Griechenland schnürten. In der vergangenen Woche wurde es fertig, die erste Rate des neuen Kredits ist schon ausgezahlt.

Am Donnerstag nun, zur selben Zeit, als in Athen klar wurde, dass es Ende September Neuwahlen geben wird, schilderte Regling in Berlin im großen Sal der Bundespressekonferenz seine Sicht auf Griechenland. Die optimistische Kernbotschaft: „Die Euro-Rettungsstrategie funktioniert.“ Allerdings schränkte Regling ein: Es gebe für Griechenland „keine Erfolgsgarantie“. Er erwarte aber, dass das Land das Hilfsprogramm sogar schon vor Ablauf der geplanten drei Jahre beendet. Das würde bedeuten, dass die maximal 86 Milliarden Euro Kredit, die Reglings ESM an Athen verleihen kann, gar nicht voll gebraucht werden.

Derzeit steht Athen ohne echte Regierung da. Ministerpräsident Alexis Tsipras war vor einer Woche zurückgetreten, unmittelbar nachdem die ersten 26 Milliarden aus dem Rettungsprogramm geflossen waren. Gestern wurde die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, Vassiliki Thanou, als Übergangsregierungschefin nominiert. Sie soll die Neuwahlen vorbereiten; sie werden wohl am 20. September stattfinden.

Finanzmanager Regling beteuerte, das bringe ihn nicht aus der Ruhe. Erstens habe die bisherige Regierung schon mehr von den geforderten Reformen auf den Weg gebracht als bei den vorangegangenen Programmen; das sei ja Bedingung für die jüngste Geldzahlung gewesen. Zweitens wisse man, dass die Regierungsbildung in Griechenland schnell gehe: „Deshalb kann man den Griechen jetzt drei bis vier Wochen Wahlkampf zubilligen.“ Wenn die neue Regierung in einem Monat ihre Arbeit aufnehme, könne die erste Überprüfung des Programms im Oktober positiv ausfallen.

Dann werde es auch eine Einigung darüber geben, ob und wie der Internationale Währungsfonds (IWF) sich an diesem dritten Rettungsprogramm beteiligt. Deutschland hatte eine Beteiligung des IWF verlangt, die Organisation selbst zögert noch. Ihre Experten meinen, die Schulden Griechenlands seien zu hoch; das Land werde sie nie vollständig zurückzahlen können. Würden sie nicht reduziert, gebe man kein weiteres Geld mehr. Regling gab sich betont optimistisch, dass dies doch der Fall sein wird: IWF-Chefin Christine Lagarde habe gesagt, sie gehe von einer finanziellen Beteiligung des Fonds aus.

Möglich werde dies, so Regling, weil der IWF nicht mehr seine bisherige Methode verwende, um die maximale Schuldenlast Griechenlands zu berechnen. Der Fonds habe sich der – nicht ganz so starren – Methode des ESM angeschlossen: „Frau Lagarde hat gesagt, unser Konzept ist akzeptiert. Das kann ich Ihnen versichern.“ Konkrete Belege für diese Kehrtwende des IWF konnte Regling gestern allerdings nicht benennen.

Auch bei der Frage, was konkret geschehen wird, damit die Schuldenlast Griechenlands geringer und eine Beteiligung des IWF möglich wird, blieb Regling vage. Denkbar sei, dass Griechenland erst später mit Zinszahlungen beginnen und die Kredite noch länger laufen könnten als ohnehin schon. Der IWF und die europäischen Kreditgeber seien bei diesen Fragen „nicht mehr weit auseinander“. Ein tatsächlicher Erlass von Schulden sei aber nicht möglich. Am Ende könnte der IWF bis zu 16 Milliarden des 86-Milliarden-Euro-Pakets übernehmen, sagte Regling. Das sei die Summe, die aus dem abgebrochenen zweiten Hilfsprogramm übrig sei. Er deutete an, dass die Summe am Ende geringer sein könnte.

Regling sagte, durch die anstehende Neuwahl werde der Reformkurs in Griechenland gestärkt. „Wenn die vereinbarten Reformen umgesetzt werden, kann Griechenland am Ende des Programms wieder auf eigenen Beinen stehen.“ Die Investoren würden zurückkommen, und die Regierung in Athen werde sich wieder selbst am Kapitalmarkt finanzieren können.

Dennoch sei es nach wie vor möglich, dass Griechenland aus der Euro-Zone ausscheide: „Diese Drohung als Möglichkeit muss immer dastehen und steht auch da.“