Berlin. Nach Landesverrat-Vorwurf demonstrieren 1300 Menschen in Berlin für Pressefreiheit

Verfassungsschutzpräsi- dent Hans-Georg Maaßen hat trotz heftiger Proteste sein Vorgehen gegen das Durchstechen geheimer Dokumente aus seinem Hause verteidigt. Ein Sprecher des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) sagte, es handele sich um Anzeigen gegen unbekannt, nicht gegen Journalisten oder Blogger. Dem Bundesamt geht es dem Vernehmen nach vor allem darum herauszufinden, wie die Informationen zu den Journalisten des Internetportals Netzpolitik.org gelangten.

Maaßen sagte der „Bild am Sonntag“: „Um die weitere Arbeitsfähigkeit meines Hauses im Kampf gegen Extremismus und Terrorismus sicherzustellen, war es notwendig, gegen die Herausgabe von als vertraulich oder geheim eingestuften Dokumenten des BfV juristisch vorzugehen. Alles Weitere ist nun eine Angelegenheit der Justiz.“ Dass Generalbundesanwalt Harald Range die Ermittlungen vorerst nicht vorantreiben will, wollte Maaßen nicht kommentieren.

Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) begrüßte die Aussetzung der Ermittlungen. Der „Bild“-Zeitung sagte er: „Die Pressefreiheit ist eines der wichtigsten Grundrechte überhaupt und hat in vielen Fällen Vorrang. Deshalb ist es gut, dass der Generalbundesanwalt die Ermittlungen jetzt ruhen lässt, bis alle offenen Rechtsfragen geklärt sind.“ Der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Volker Beck, betonte: „Range ist Parlament und Öffentlichkeit eine Erklärung schuldig.“ Dieser müsse erläutern, wie er zum Vorwurf des Landesverrats statt Geheimnisverrats gekommen sei. Wenn Geheimnisträger das Dienstgeheimnis verletzten, müsse der Dienstherr dem nachgehen, gerade auch der Verfassungsschutz. Deshalb sei gegen eine Strafanzeige Maaßens gegen unbekannt wegen Geheimnisverrats nichts einzuwenden. Gegen Journalisten dürfe dabei aber nicht wegen Beihilfe ermittelt werden.

Am vergangenen Donnerstag war bekannt geworden, dass die Bundesanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen zwei Journalisten von Netzpolitik.org eingeleitet hat. Der Generalbundesanwalt sah bei Gründer Markus Beckedahl und Autor André Meister einen Verdacht auf Landesverrat, weil sie Verfassungsschutzinformationen veröffentlicht hatten. Netzpolitik.org beschrieb in zwei Artikeln Pläne der Behörde zum Ausbau der Internetüberwachung und stellte dazu Auszüge aus vertraulichen Dokumenten ins Netz.

Die Blog-Macher hatten die Ermittlungen als „Angriff auf die Pressefreiheit an sich“ bezeichnet. Um Unterstützung zu zeigen, demonstrierten am Sonnabend in Berlin 1300 Menschen. Die Betreiber des Blogs sprachen sogar von 2000 bis 3000. Die Ermittlungen hatten parteiübergreifende Kritik ausgelöst. Range sieht sich mit Rücktrittsforderungen auch aus der schwarz-roten Koalition konfrontiert.