Castel Gandolfo. Der Vatikan hatte ihn fast totgeschwiegen. Papst Franziskus lud Benedikt aber auf seinen Sommersitz ein. Er kam mit Rollator.

Er ist eigentlich aus freien Stücken abgetaucht, um seinem Nachfolger nicht dazwischenzufunken. Doch jetzt hat der emeritierte Papst Benedikt XVI. die Ehrendoktorwürde der Musikakademie Krakau und der Päpstlichen Universität Johannes Paul II. der polnischen Stadt bekommen. Bei der Verleihung am Sonnabend am päpstlichen Sommersitz in Castel Gandolfo bei Rom meldete sich der 88-Jährige erstmals seit langem wieder selbst zu Wort.

Dabei sinnierte der als Joseph Ratzinger geborene Ex-Papst über die Ursprünge und die Bedeutung von Musik und hob die abendländische Musik als einzigartig hervor. Sie habe keine Entsprechung in anderen Kulturen. „Musik von der Größenordnung, wie sie im Raum des christlichen Glaubens entstanden ist – von Palestrina, Bach, Händel zu Mozart, zu Beethoven und zu Bruckner – gibt es in keinem anderen Kulturraum“, sagte der gebürtige Bayer und leidenschaftliche Klavierspieler.

Zudem würdigte Benedikt seinen polnischen Vorgänger Johannes Paul II. „Ohne ihn ist mein geistlicher und theologischer Weg nicht denkbar.“

Benedikt lebt seit seinem Rücktritt im Februar 2013 zurückgezogen im Vatikan und meldet sich seitdem selten zu Wort. Es ist die erste Ehrendoktorwürde, die er seit seinem Rücktritt angenommen hat. Derzeit verbringt er auf Einladung seines Nachfolgers Franziskus die heißen Sommertage auf dem päpstlichen Sommersitz.

Benedikts Rede wurde auch Vatikan verbreitet mit der Mitteilung Nummer 533 des vatikanischen Pressamtes. Vereinzelt waren zwar auch schon früher halböffentliche Äußerungen von ihm publik geworden – zuletzt etwa seine Rede an die bayerischen Gebirgsschützen, die ihm im April zum 88. Geburtstag gratulierten. Doch noch nie hatte der Vatikan selbst eine Rede des emeritierten Papstes offiziell im Wortlaut mitgeteilt.

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So „aufgeräumt, entspannt und hellwach“ habe er Benedikt XVI. auch als Papst selten gesehen, berichtet ein Teilnehmer der Zeremonie. Nur die Stimme sei etwas schwächer gewesen als früher. Der emeritierte Papst hielt seine Rede im Stehen und begrüßte auch die rund 80 anwesenden Gäste ohne sich zu setzen und ohne Stock. Gekommen war er mit einem Rollator in Begleitung seines Privatsekretärs Erzbischof Georg Gänswein.

Die öffentliche Rede wird ebenso wie der Sommerurlaub in Castel Gandolfo von Beobachtern als weiteres Zeichen einer schrittweisen Normalisierung rund zweieinhalb Jahre nach dem Rücktritt von Benedikt XVI. gewertet. Im November sah sich Benedikt XVI. noch genötigt, Behauptungen zurückzuweisen, er agiere als eine Art Gegenpapst. (dpa/KNA)