Berlin.

„Mut zur Wahrheit“ lautet der bekannteste Slogan der AfD. Zuletzt hätte „Schwungvoll in den Untergang“ wohl besser gepasst. Nach wochenlangen Führungsquerelen haben es jetzt die Mitglieder in der Hand. An diesem Wochenende entscheiden sie über den Parteivorsitz: zwischen Petry oder Lucke, Mitte-Rechts oder Rechtsaußen. Wie das Rennen zwischen Parteigründer Bernd Lucke und seiner Rivalin Frauke Petry ausgeht wird, wagen selbst intime Kenner des komplizierten Intrigengeflechts der Newcomer-Partei nicht vorherzusagen.

Beide Lager haben in den vergangenen Wochen alles unternommen, um ihre Truppen zu mobilisieren. Es wurden Busse angemietet, unzählige Emails verschickt und Reisezuschüsse verteilt. Mehr als 4400 Mitglieder haben ihre Teilnahme an dem Bundesparteitag in der Essener Grugahalle angekündigt. Zu Luckes Mannschaft gehören der AfD-Landesvorsitzende in Baden-Württemberg, Bernd Kölmel, und Ulrike Trebesius, die Vorsitzende des Vereins „Weckruf 2015“. Diesen Verein hatten Lucke und seine Mitstreiter mit dem Ziel gegründet, fremdenfeindliche und systemkritische Parteimitglieder zu isolieren. Zum rechtslastigen „Personaltableau“ von Frauke Petry gehören unter anderem der Vorsitzende der brandenburgischen AfD-Landtagsfraktion, Alexander Gauland, und die ultrakonservative Europaparlamentarierin Beatrix von Storch.

In einem Punkt sind sich alle Kritiker der AfD einig: Wenn die Parteispitze nicht so extrem ungeschickt agieren würde, hätte die AfD durchaus das Potenzial, sich als neue Partei rechts von der CDU zu etablieren. Denn gerade bei der Frage der Euro-Rettung und in der Zuwanderungsdebatte konnte die AfD bei den Wählern punkten. Sollten Rechtsnationale und Liberal-Konservative allerdings nach diesem Parteitag getrennte Wege gehen, ist es mehr als fraglich, ob eine Rumpf-AfD noch genügend Anhänger mobilisieren könnte, um 2017 in den Bundestag einzuziehen.