Berlin. Rot-grüne Landesregierungen starten Bundesratsinitiative. Ziel ist die Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften.

Die Iren haben den Stein ins Rollen gebracht. In einem Referendum stimmte die katholisch dominierte Nation für eine volle Gleichstellung homosexueller Partnerschaften. Nun möchten auch mehrere Bundesländer dem Beispiel folgen und gegen den Widerstand der Union eine Gleichstellung durchsetzen. So haben die rot-grüne Regierung in Niedersachsen und die rot-rote in Thüringen gestern in Kabinettssitzungen eine entsprechende Bundesratsinitiative beschlossen. Alle rot-grün regierten Länder sind an Bord, darunter auch Nordrhein-Westfalen und Hamburg. Hinzu kommt die grün-rote Regierung in Baden-Württemberg und die rot-rote in Brandenburg. In der niedersächsischen Staatskanzlei geht man davon aus, dass die Initiative eine Mehrheit in der Länderkammer bekommen wird.

„Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die verfassungswidrige Diskriminierung eingetragener Lebenspartnerschaften zu beenden und eine vollständige Gleichberechtigung der Ehe von gleich- und verschiedengeschlechtlichen Paaren im gesamten Bundesrecht herzustellen“, heißt es in dem Antrag. Dies umfasse „die Öffnung der Ehe und die Schaffung eines vollen gemeinschaftlichen Adoptionsrechts für gleichgeschlechtliche Paare“.

Initiative könnte schon Mitte Juni verabschiedet werden

Die nächste Bundesratssitzung findet am 12. Juni statt. Dort soll die Initiative bereits verabschiedet werden. So soll die Bundesregierung dazu ermuntert werden, ein Gesetz vorzulegen. Die Initiative ist somit eher ein starker symbolischer Akt.

„Gleichgeschlechtlichen Paaren ist bis heute die Ehe verwehrt, was eine konkrete und symbolische Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität darstellt“, heißt es in dem Antrag. Angesichts des gesellschaftlichen Wandels gebe es aber „keine haltbaren Gründe, gleichgeschlechtliche und nicht-gleichgeschlechtliche Paare unterschiedlich zu behandeln“.

SPD, Grüne und Linke sind für eine vollständige Gleichsetzung. Nur die Union ist gegen die Homo-Ehe. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) wird nicht müde zu erwähnen, dass es CDU/CSU seien, die bei dem Thema blockieren.

Die Unions-Spitze ist gegen die Homo-Ehe. So sagt Volker Kauder (CDU), Chef der Unions-Fraktion im Bundestag: „Für mich ist die Ehe im Sinne des Grundgesetzes die Verbindung von Mann und Frau.“ Er lehnt „die Volladoption durch Lebenspartner“ ab. Doch vor allem junge Abgeordnete stellen sich offen gegen die Linie der Partei. Der bekannteste Befürworter der Homo-Ehe ist CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn. Er ist offen schwul und verknüpft die Frage geschickt mit konservativen Werten: „Die Schwulen und Lesben möchten genau das, was uns als CDU wichtig ist: Verlässlichkeit und Verbindlichkeit.“

An seiner Seite ist argumentativ der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete Rüdiger Kruse: „Lebenspartnerschaften sollten in allen Belangen rechtlich der Ehe gleichgestellt werden. Auch in der Frage der Adoption. Denn Adoption ist auch in heterosexuellen Partnerschaften kein Rechtsanspruch, sondern geht nach dem Kindeswohl.“

Gesellschaft ist viel weiter als Politik

Beim Bürgerdialog am Montag in Berlin kam das Thema nur am Rande auf, Angela Merkel ging nicht darauf ein. Ihre Bauchschmerzen bei der Homo-Ehe äußerte sie zuletzt im Wahlkampf 2013. Es ging um die volle Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare bei Adoptionen. „Ich sage Ihnen ganz ehrlich, dass ich mich schwertue mit der kompletten Gleichstellung“, sagte die Kanzlerin. „Ich bin unsicher, was das Kindeswohl anbelangt.“

„Hamburg ist immer Vorkämpferin für die volle gesellschaftliche Anerkennung von Paaren gleichen und verschiedenen Geschlechts gewesen“, sagt Hamburgs Zweite Bürgermeisterin und Gleichstellungssenatorin Katharina Fegebank (Grüne): „Die Gesellschaft ist heute viel weiter als Teile der Politik. Jetzt ist die Zeit für die vollständige Öffnung der Ehe.“ Auch Parteikollege und Justizsenator Till Steffen steht hinter dem Vorstoß: „Die Zeit ist reif für eine Ehe, die für gleichgeschlechtliche Paare dieselben Rechte einräumt wie für Paare mit unterschiedlichem Geschlecht. Wir setzen uns daher auf Bundesebene dafür ein, das Bürgerliche Gesetzbuch zu ändern, um ein einziges Recht für alle heiratswilligen Paare zu schaffen. Denn mehr ist nicht nötig, um diesen Missstand zu beseitigen. Zukünftig muss gelten: gleiches Recht für gleiche Liebe.“

Etwa zwei Drittel der Deutschen sind dafür, dass auch homosexuelle Paare eine Ehe schließen dürfen. 42 Prozent der Befragten gaben in einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov an, dass sie eine entsprechende Gesetzesänderung „voll und ganz“ befürworten, 23 Prozent waren „eher“ dafür. Nur gut ein Viertel sprach sich „eher“ oder „ganz und gar“ dagegen aus.