Kiew.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) ist kaum in der ukrainischen Hauptstadt Kiew eingetroffen, da erreicht ihn Freitagvormittag die neueste niederschmetternde Nachricht aus dem Osten des Landes: Bei Gefechten zwischen ukrainischen Militärs und prorussischen Separatisten sind Stunden zuvor bei Luhansk mindestens zwei Menschen getötet worden. Steinmeier macht sich keine Illusionen: „Die Krise ist bei Weitem noch nicht gebannt“, warnt er in Kiew. Der Mitte Februar auf Initiative Deutschlands und Frankreichs geschlossene Waffenstillstand wird immer brüchiger, die Lage fragiler.

Der Außenminister, der zum siebten Mal die Ukraine besucht, macht aus seiner Unzufriedenheit über die mangelnden Fortschritte keinen Hehl: Die Friedensvereinbarungen müssten endlich umgesetzt werden, drängt er Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk und Präsident Petro Poroschenko.

Neben dem Bürgerkrieg drohtder Ukraine auch der Staatsbankrott

Doch Russland und die Separatisten einerseits, die Ukraine andererseits geben sich stets gegenseitig die Schuld daran, dass der Waffenstillstand nicht hält. Jazenjuk weist nach einem Treffen mit Steinmeier alle Vorwürfe an die ukrainische Armee zurück und spricht von Lügen der „russischen Terroristen“. 80 ukrainische Soldaten seien seit Februar trotz der vereinbarten Waffenruhe getötet worden. Steinmeier hört schweigend zu. Die OSZE-Beobachter registrieren sehr wohl auch Angriffe der ukrainischen Seite.

Dabei ist die Gefahr eines neuen Krieges nicht das einzige Problem, mit dem die Ukraine kämpft. Wirtschaftskrise, interne Konflikte in der Regierung, nun droht sogar der Staatsbankrott: Die Ukraine verhandelt mit internationalen Geldgebern seit Wochen erfolglos über eine Umschuldung und einen Teilverzicht für Verbindlichkeiten in zweistelliger Milliardenhöhe. Mit 700 Millionen Euro unterstützt die Bundesregierung dieses Jahr Investitionen in der Ukraine, 1,8 Milliarden Euro hat die EU in Aussicht gestellt. Doch drängt der Westen zugleich darauf, dass Kiew endlich entschlossener Reformen angeht.