Brüssel . Andere Staaten sollen 40.000 Menschen aus Griechenland und Italien aufnehmen – Deutschland die meisten

Zwei Wochen nach Vorstellung der EU-Migrationsagenda hat die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel Vorschläge zu deren Umsetzung vorgestellt. Darin ist vorgesehen, dass Italien und Griechenland in Kooperation mit Vertretern der EU-Staaten entscheiden sollen, welcher Flüchtling in welchen EU-Staat geschickt wird. Die Möglichkeit der Familienzusammenführung könne diese Entscheidung beeinflussen, heißt es. Die Mitgliedsstaaten sollen jedoch auch Wünsche äußern können, wenn sie einen Bedarf an bestimmten Berufsgruppen haben. Auch dürften Mitgliedsstaaten Flüchtlinge ablehnen, die ein Risiko für die eigene Gesellschaft darstellten.

Ziel der EU-Kommission sei es, mit der Umsiedlung von Flüchtlingen vor allem Italien und Griechenland zu entlasten, sagte EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos. Insgesamt sollen in den kommenden zwei Jahren 40.000 Menschen, vor allem Schutzbedürftige aus Syrien und Eritrea, auf Basis eines Verteilungsschlüssels umgesiedelt werden. Gleichzeitig soll gegen den Missbrauch von Asyl vorgegangen werden. Menschen ohne Schutzanspruch sollen demnach mit Unterstützung der EU-Grenzschutzagentur Frontex unmittelbar in die Herkunftsländer zurückgeschickt werden.

Der Umverteilungsschlüssel erfolgt auf einer Grundlage von Kriterien wie dem Bruttoinlandsprodukt, der Bevölkerungszahl, der Arbeitslosenquote sowie der bisherigen Zahlen der Asylbewerber und der neu angesiedelten Flüchtlinge. Deutschland muss mit 21,91 Prozent die meisten Flüchtlinge aufnehmen, nämlich 5258 aus Italien und 3505 aus Griechenland. Danach folgt laut Entwurf Frankreich mit 16,88 Prozent (4051 Migranten aus Italien und 2701 Menschen aus Griechenland) und Spanien mit 10,72 Prozent (2573 Migranten aus Italien und 1715 Flüchtlinge aus Griechenland). Für jede umgesiedelte Person erhält das Aufnahmeland 6000 Euro. Davon sollen auch die Kosten für die Reise der Flüchtlinge von Italien und Griechenland in die Zielländer finanziert werden.

Großbritannien, Irland und Dänemark müssen sich nicht an dieser Regelung beteiligen, wenn sie von ihrem „Opt-out“-Recht, einer Ausnahmeregelung für den Vertrag über die Arbeitsweise der EU, Gebrauch machen wollen. Die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten wollen Ende Juni den Vorschlag der EU-Kommission bei einem Gipfel diskutieren.

Die EU-Kommission will zusätzlich in den kommenden zwei Jahren 20.000 schutzbedürftige Menschen, etwa aus Staaten in Afrika, aufnehmen. Die Menschen sollen mit Unterstützung des Uno-Flüchtlingshilfswerks UNHCR ausgewählt werden. Mitgliedsstaaten, die sich an dem Schlüssel beteiligen, erhalten finanzielle Unterstützung. Insgesamt stehen dafür 50 Millionen Euro zu Verfügung. Derzeit haben laut EU-Kommission 18 der 28 Mitgliedsstaaten Aufnahmeprogramme für Flüchtlinge.

Zudem ist ein EU-Aktionsplan gegen Schlepper für den Zeitraum 2015 bis 2020 vorgesehen. Dieser beinhaltet, alle verdächtigen Schlepper-Schiffe zu registrieren und zu beobachten. Darüber hinaus soll im Internet nach Schlepper-Angeboten gesucht und der Austausch mit den Herkunftsländern intensiviert werden. Zudem wird das Einsatzgebiet von „Triton“ ausgeweitet – es entspreche damit dem früheren Einsatzgebiet von „Mare Nostrum“, hieß es.

Bei jedem neuen Migranten sollen Fingerabdrücke genommen werden

Damit das Asylsystem der EU funktionieren könne, sollten bei jedem ankommenden Migranten Fingerabdrücke genommen werden. Sondereinsatzgruppen der Asylbehörde EASO, Frontex und Europol sollen bei der Identifizierung und Registrierung der Flüchtlinge helfen.

Uno- Generalsekretär Ban Ki-moon, hat die Pläne der EU begrüßt. „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung“, sagte er in Brüssel nach einem Treffen mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und den 28 EU-Kommissaren. EU-Staaten hätten nun die Möglichkeit, ein Exempel zu setzen, in dem sie den EU-Vorschlag unterstützten. Menschenrechtsorganisationen bezweifeln dagegen, dass sich die von der EU geplanten Quoten in der Praxis umsetzen lassen. Der Geschäftsführer von Pro Asyl, Günter Burkhardt, nannte den Vorschlag „zu kurz gedacht“. Eine starre Verteilung nach einer Quote berücksichtige nicht die legitimen Interessen der Flüchtlinge, die dorthin wollten, wo schon Familienmitglieder oder Landsleute wohnten. „Kein Syrer, dessen Familie in Deutschland lebt, wird sich freiwillig in Staaten wie Ungarn, Polen oder Estland verteilen lassen. Menschen dürfen nicht wie Stückgut in Europa hin- und hergeschoben werden.“