Jerusalem . Bundesverteidigungsministerin absolviert ihren Antrittsbesuch in Israel

Ursula von der Leyen ist auf einer Reise irgendwo zwischen Gegenwart und Vergangenheit. An diesem Morgen ist die Zeit der Geschichte. Die Verteidigungsministerin steht in der „Halle der Namen“ in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem. Hier sind Gedenkblätter mit den Namen von 4,5 Millionen Juden aufgereiht, die den Verbrechen der Nazis zum Opfer fielen.

Die Eindrücke in Yad Vashem träfen einen mit ungeheurer Wucht, sagt von der Leyen nach dem Besuch. Es ist nicht ihr erstes Mal in der Holocaust-Gedenkstätte. Aber mit jedem Mal werde es schwerer, sagt sie. Die NS-Vergangenheit lastet seit jeher schwer auf den deutsch-israelischen Beziehungen. Doch auch in der Gegenwart ist das Verhältnis kein einfaches.

Von der Leyen ist zum ersten Mal als Verteidigungsministerin in Israel. Der Anlass ist ein diplomatisches Jubiläum: Auf den Tag genau vor 50 Jahren nahmen Deutschland und Israel diplomatische Beziehungen auf. Von der Leyen macht für die Bundesregierung in Israel die Honneurs und preist die deutsch-israelische Freundschaft, während der israelische Präsident Reuven Rivlin parallel in Deutschland zu Gast ist. Ihr Besuch fällt in eine Zeit des Umbruchs: Mitte März waren Parlamentswahlen in Israel, die Regierungsbildung zog sich lange hin. Der alte und auch künftige israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu stellte erst vor wenigen Tagen ein neues rechts-religiöses Bündnis auf die Beine – mit einer hauchdünnen Mehrheit von einer Stimme im Parlament. Das Kabinett muss aber noch vereidigt werden. Von der Leyen hat es also noch mit einer Übergangsregierung zu tun bei ihrem Besuch.

Klar ist aber schon, dass die neue Regierungskonstellation schwierig ist für den Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern. Im Bemühen um rechte Wähler sprach sich Netanjahu kurz vor der Wahl gegen eine Zwei-Staaten-Lösung aus. Und auch wenn er seine Äußerungen nach seinem Wahlsieg relativierte – Beobachter sehen mit der neuen Regierung schwarz für den Nahost-Friedensprozess. Der umstrittene israelische Siedlungsbau dürfte weiter forciert werden.

Die Bundesregierung kritisiert diesen seit langem deutlich. Doch nun wächst der Druck auf Berlin, eine härtere Gangart einzuschlagen und nicht nur mit Worten auf Israel einzuwirken. EU-Partner drängen die Regierung in Berlin, ihre Schlüsselrolle zu nutzen und etwa die Waffenlieferungen nach Israel vom Fortgang des Friedensprozesses abhängig zu machen. Die Rüstungsexporte einzuschränken, ist bislang ein Tabu. Von der Leyen lässt durchblicken, dass sich daran auch so schnell nichts ändern wird.

Gerade wegen seiner Sicherheit beäugt Israel äußerst kritisch die Atomverhandlungen mit dem Iran. Das Abkommen dazu soll bald stehen. Netanjahu warnt bei einem Treffen mit der Ministerin vor Bestrebungen Teherans, seinen Einflussbereich auszuweiten. Erneut fordert er einen „besseren Deal“. Von der Leyen hält dagegen, das Abkommen trage zur Sicherheit Israels bei. Ja, an dieser Stelle sei man unterschiedlicher Meinung. Aber das halte die feste deutsch-israelische Freundschaft aus. Lange will sie sich mit den Streitpunkten auf dieser Reise ohnehin nicht aufhalten. Es mag nicht so recht passen in die Dramaturgie für die Feierlichkeiten zum diplomatischen Jubiläum.