Berlin. Liberale sind wie zuvor in Hamburg auch in Bremen erfolgreich. Bei den Sozialdemokraten wächst im Bund die Sorge vor dem Dauertief

Vorher waren sich alle einig gewesen in Berlin: Die Wahl in Bremen habe bundespolitisch kaum Bedeutung – und werde ziemlich unspektakulär verlaufen. Es kam anders: SPD und Grüne in der Hauptstadt sind ratlos bis enttäuscht über die Abfuhr an der Weser, während die FDP in der Berliner Parteizentrale begeistert ihr Comeback feiert.

Sie hatten es sich so schön vorgestellt in der SPD: Parteichef Sigmar Gabriel kündigte sich persönlich zur Wahlparty in Bremen an, um dem Regierenden Bürgermeister Jens Böhrnsen gleich direkt zur Fortsetzung von Rot-Grün gratulieren zu können. Und sich selbst vielleicht zu einem Signal, dass es aufwärts geht. Doch Gabriel sagte wegen Krankheit ab, und statt seiner machte aus Berlin SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi gute Miene zum unerwarteten Wahlausgang. „Kein Anlass zur Trauer“, sagte sie. Rot-Grün werde halten. Die trotzigen Parolen verrieten vor allem, wie überrascht die SPD-Spitze war; noch Stunden zuvor hatten interne Prognosen ein besseres Ergebnis vorausgesagt.

Auch wenn sich die Sozialdemokraten voraussichtlich mit dem Erhalt der Macht trösten können und wohl weiter in 14 von 16 Ländern an der Regierung beteiligt sind – auch in Berlin waren die Genossen geschockt über die kalte Dusche an der Weser. „Eine Enttäuschung“, klagte etwa SPD-Vize Ralf Stegner. Die Stimmung konnte nicht heben, dass nun schon über eine weitere Große Koalition auch in Bremen spekuliert wurde; die wäre aus SPD-Sicht wenig attraktiv.

Doch die CDU stünde bereit für Schwarz-Rot, die Berliner Parteiführung hätte keine Einwände. In der CDU-Zentrale war die Stimmung aufgeräumt. Bremen sei für die CDU ein schwieriges Pflaster und alles andere als ein Stammland, sagte Generalsekretär Peter Tauber. Da sind die leichten Zugewinne von sehr bescheidenem Niveau schon Anlass zur Zufriedenheit.

Die eigentlichen Gewinner feierten indes in der FDP-Zentrale. Dass die Liberalen nun im zweiten Stadtstaat nach Hamburg sicher den Sprung über die Fünfprozenthürde schafften, gilt vielen schon als Zeichen des Durchbruchs nach einer Serie trostloser Niederlagen. Parteichef Christian Lindner bremste ein wenig die Euphorie und mahnte, das Comeback der Liberalen sei noch nicht abgeschlossen. Doch ist das Bremer Ergebnis für ihn ein Triumph im rechten Augenblick, kurz vor dem FDP-Bundesparteitag: Lindner hatte in Bremen an der Seite der jungen Spitzenkandidatin Lencke Steiner mit hohem persönlichen Einsatz gekämpft, der Wahlkampf war eng abgestimmt mit der Bundeszentrale. Nun kündigt er an, dass die Themen Wirtschaft und Bildung in der Hansestadt erfolgreich gewesen seien, sei „eine Richtungsanzeige auch für die FDP bundesweit“.

Ähnlich gehoben war die Stimmung bei der Linkspartei: „Ein grandioser Wahlerfolg“, sagte Parteichef Bernd Riexinger. Spekulationen über ein rot-rot-grünes Bündnis trat er entgegen; das Modell Thüringen gilt einstweilen als nicht in den Westen übertragbar. Das sehen auch die Grünen so. Bei ihnen herrschte Ratlosigkeit über den doch unerwartet starken Absturz.